Nr. 5 vom 26.1.2018

Nr. 5 vom 26.1.2018

Standpunkt

Falsches Spiel der GroKo-Parteien

In dem Sondierungspapier der GroKo-Architekten heißt es: „Bezogen auf die durchschnittlichen Zuwanderungszahlen, die Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre sowie mit Blick auf die vereinbarten Maßnahmen und den unmittelbar steuerbaren Teil der Zuwanderung – das Grundrecht auf Asyl und die GFK bleiben unangetastet – stellen wir fest, dass die Zuwanderungszahlen (inklusive Kriegsflüchtlinge, vorübergehend Schutzberechtigte, Familiennachzügler, Relocation, Resettlement, abzüglich Rückführungen und freiwilligen Ausreisen künftiger Flüchtlinge und ohne Erwerbsmigration) die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden.“

Auch wenn jährlich nicht mehr als 220.000 zusätzliche Migranten kommen sollten, wären das in fünf Jahren mehr als eine Million. Angesichts der hohen Geburtenrate von Zuwanderern aus Afrika und dem Nahen Osten und eines starken Nachzugs von Angehörigen anerkannter Asylmigranten würde die Umwandlung Deutschlands in eine Art Vielvölkerstaat damit fast unumkehrbar.

Für Migranten mit eingeschränktem Schutzstatus soll der Familiennachzug laut dem Sondierungspapier zwar erst einmal ausgesetzt bleiben, aber in einem noch zu schaffenden Gesetz der Nachzug von 1.000 Familienangehörigen pro Monat erlaubt werden. Gerade diese Regelung will Schulz im Rahmen der von ihm geforderten Nachverhandlungen auch noch ändern, indem er eine „wirksame Härtefallregelung“ für den Familiennachzug fordert.

Und während die CSU behauptet, ihre Forderung nach einer Obergrenze durchgesetzt zu haben, machte Schulz klar, dass die genannten Zahlen praktisch bedeutungslos sind. In einem Fernsehinterview sagte er: „Wenn jetzt mehr kommen, wie etwa 260.000, dann kommen halt mehr.“ Und in seiner Parteitagsrede bekannte er: „Es gibt keine Obergrenze für Flüchtlinge mit der Sozialdemokratischen Partei.“

Für die AfD kritisierte Beatrix von Storch das Sondierungsergebnis. „Ein weiterer Zuzug von 200.000 Personen im Jahr vor allem aus muslimischen Ländern heißt eine zusätzliche muslimische Stadt von der Größe Hamburgs innerhalb eines Jahrzehnts“, so die Vizechefin der Bundestagsfraktion. Von Storch fordert nun ein Umdenken in der deutschen Asylpolitik. „Die Grenzen müssen geschlossen werden, das Asylrecht muss grundlegend reformiert werden […] und es muss ein Plan zur Rückführung für die 1,5 Millionen Migranten vorgelegt werden, die durch Merkels ‚Willkommenspolitik‘ nach Deutschland gekommen sind. Diese durften nach der Drittstaaten-Regelung im Grundgesetz gar nicht nach Deutschland kommen.“

Natürlich müssen die Grenzen nicht eigentlich geschlossen werden, sie müssen aber in der Weise kontrolliert werden, dass Personen ohne die erforderlichen Grenzübertrittspapiere zurückgewiesen werden. Auch das bestehende Asylrecht muss an sich nicht reformiert werden – es genügt, die im Asylgesetz vorgeschriebene Einreiseverweigerung gegenüber über sichere Drittstaaten anreisenden Asylmigranten wieder anzuwenden. Merkel hat bei der Wiedereinführung von „Grenzkontrollen“ im September 2015 dafür gesorgt, dass das – bis heute – nicht geschieht.

In Straßburg in die Gegenrichtung

Einer Reform des Asylrechts zulasten Deutschlands haben auf EU-Ebene gerade Politiker von Union und SPD, also der GroKo-Parteien, Tür und Tor geöffnet. Konkret geht es um eine Änderung, die das Europäische Parlament an den Dublin-Regeln vornehmen will. „Der Spiegel“ fasst den entscheidenden Punkt so zusammen: „Danach soll nicht mehr automatisch das Land, in dem ein Flüchtling die EU erreicht, für dessen Asylverfahren zuständig sein, sondern unter Umständen das Land, in dem bereits Angehörige des Bewerbers leben. Dadurch ‚müsste Deutschland erheblich mehr Asylsuchende aufnehmen‘, heißt es in einem Vermerk des Bundesinnenministeriums.“

In dem Papier aus de Maizières Haus stehe außerdem: „Im Ergebnis wäre ein Mitgliedstaat, in dem sich bereits zahlreiche ‚Ankerpersonen‘ befinden, für weitreichende Familienverbände zuständig.“ Selbst „Der Spiegel“ wundert sich: „Pikanterweise haben auch Politiker von Union und SPD im Europaparlament den Vorschlägen zugestimmt.“ Auch wenn offen ist, ob der Europäische Rat den Vorschlägen des Europaparlaments zur Reform der Dublin-Verordnung zustimmen wird, fragt man sich, wie die Parteien, die zuhause eine Begrenzung der Asylmigration suggerieren, in Straßburg Beschlüsse fassen können, deren Folgen möglicherweise eine noch ganz andere Dimension haben als der Familiennachzug, um den die Debatte hierzulande geht.

Jürgen Schwaiger

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 26. Januar 2018

DIE INFAMIE DANACH

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte ihr Gesicht oft nicht im Griff, als sie am 17. Januar ihren österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz in Berlin empfing. Ein paar Tage später dann der eigentliche Hammer: Es wurde die „Sorge“ der Kanzlerin publiziert, dass aus Wien „sensible Informationen“ an Moskau weitergeleitet werden könnten. Warum Merkel in die ungewohnte Rolle der Sicherheitsfachfrau schlüpfte.

LINKE SAMMLUNGSBEWEGUNG?

Sahra Wagenknecht hält ihre Partei in Atem: Gegenwärtig gibt sie sich offen für Diskussionen um eine Sammlungsbewegung, die sozial Benachteiligte, enttäuschte Sozialdemokraten, genervte „Grüne“, aufrichtige Linke und auch besorgte Bürger umfassen könnte.

ZU VIEL VERLANGT?

Am 18. Januar waren die Reihen im Bundestag wieder einmal recht leer. Dabei stand mit dem Tierschutz ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung. Schließlich sorgte die anwesende AfD-Fraktion dafür, dass die Sitzung wegen Beschlussunfähigkeit aufgehoben wurde.

AUF SAND GEBAUT

Die ökonomische Situation im Euroraum ist nicht so gut, wie es scheint. Es braut sich etwas zusammen. Sparer und auch die Besitzer von Lebensversicherungen zählen zu den großen Verlierern.

ÜBERDEHNUNG DER BUNDESWEHR

Selbst Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen kann die mangelnde Ausstattung der Truppe bei immer mehr Auslandseinsätzen nicht leugnen. Die Stimmung unter Soldaten ist entsprechend schlecht.

„AUSSERGERICHTLICHE TÖTUNGEN“

Laut Ronen Bergman, Autor des soeben erschienenen Werks „Der Schattenkrieg – Israel und die geheimen Tötungskommandos des Mossad“, brachte der nahöstliche Staat mindestens 3.000 Menschen durch gezielte Tötungen um, darunter viele Unschuldige. Was eine kritische Lektüre des Buchs ergibt.

EIN MÄRCHEN AUS ALTEN ZEITEN

Wer kennt sie nicht, die romantische „femme fatale“ vom Rhein, die mit ihrem Gesang die vorbeifahrenden Schiffer ins Verderben stürzt? Längst ist die Lorelei, vor allem durch Heines Gedicht in der Silcher-Vertonung, über Grenzen hinweg Inbegriff deutscher Kultur geworden.

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