Nr. 5 vom 25.1.2019
Standpunkt
Wider die antieuropäischen Töne
gegen die Briten
Wer kein Faible für ungebetenen Frontalunterricht hat, dem muss die Art und Weise missfallen, in der derzeit zahlreiche Mainstream-Journalisten ihre „Lektionen“ verbreiten. Die gleichen Massenmedien, die nicht müde werden, ihren Lesern vorzukauen, wie komplex doch die moderne Welt ist (viel komplexer als sich das Volk das vorstellen könne, weswegen man ihm wichtige Entscheidungen nicht anvertrauen dürfe), brechen in ein Katastrophengeheul aus, wenn ein Vorgang tatsächlich kompliziert ist – wie dies beim Brexit nun einmal der Fall ist.
Nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union besitzt jeder Mitgliedstaat das Recht, „im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften“ aus der supranationalen Organisation auszuscheiden. Wenn dieses Recht nicht nur auf dem Papier stehen soll, ist es durchaus hilfreich, dass zuweilen ein Staat davon Gebrauch macht. Er kann, das stellt dieselbe Vertragsbestimmung klar, übrigens später, unter womöglich veränderten Umständen, eine erneute Mitgliedschaft beantragen.
Dass die Modalitäten eines EU-Austritts Gegenstand harter innenpolitischer Auseinandersetzungen sind, sollte eigentlich niemanden verwundern. Das ist weder ein Grund zur Häme noch hat es etwas mit einer „Selbstdemontage der britischen Demokratie“ zu tun, wie sie „Der Spiegel“ – im Einklang mit anderen deutschen Leitmedien – herbeischreiben will. Regelrecht antieuropäisch wirkt die sadistisch getönte Forderung im aktuellen Leitartikel des nämlichen Hamburger Magazins, die EU solle „gegenüber den Briten hart bleiben“.
Anders als selbst Alexis de Tocqueville fälschlich annahm, haben die Briten eine Verfassung – wenn auch eine in großen Teilen ungeschriebene. Auf deren Grundlage wird Großbritannien den Willensbildungsprozess über den Brexit, wie engagiert auch immer er noch ausgetragen werden mag, unter Berücksichtigung des Volkswillens zu Ende bringen. Ob das Ergebnis ein „harter“ Brexit, ein durch ein Übergangsabkommen abgefederter Brexit oder kein Brexit sein wird, steht in den Sternen. Voraussichtlich wird keine dieser Varianten Großbritannien oder andere Staaten vor unüberwindliche Probleme stellen.
Tritt kein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts und die künftigen Beziehungen in Kraft und kommt es nicht zu einer einvernehmlichen Fristverlängerung, finden die EU-Verträge auf Großbritannien ab dem 30. März 2019 keine Anwendung mehr. Das würde zwar organisatorische Herausforderungen bedeuten, aber auch davon geht – entgegen der Panikmache besonders in Deutschland – die Welt nicht unter. Verträge beginnen und enden nun einmal zu bestimmten Daten.
Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 25. Januar 2019
AKTIVBÜRGER AUFS ABSTELLGLEIS
Der Politologe Werner J. Patzelt arbeitet am Landtagswahlprogramm der CDU in Sachsen mit. Er hat auch schon die AfD beraten. Zum Ende des Wintersemesters läuft seine Professur aus, eine Seniorprofessur wird die TU Dresden ihm nicht geben. Er habe seine Rollen als politisch aktiver Bürger und Wissenschaftler zu sehr vermengt, hieß es u. a. in der Begründung.
RAZZIEN UND VERHAFTUNGEN
Berlin und Nordrhein-Westfalen geraten regelmäßig durch gesetzwidriges Treiben bestimmter arabischer Clans in die Schlagzeilen. Dem Eindruck, dass die Politik an dieser Stelle kapituliere, soll jetzt durch verschiedene Maßnahmen entgegengewirkt werden.
DER SINN VON GRENZEN
Auch im Zeitalter der Digitalisierung haben Grenzen und Grenzkontrollen ihre Legitimität nicht verloren. Sie erfüllen nach wie vor eine wichtige Schutzfunktion, denn die Utopie einer grenzenlosen Welt scheitert immer wieder – in Theorie und Praxis.
GESPALTENE ORTHODOXIE
Präsident Poroschenko sieht eines seiner Ziele, die kirchliche Trennung der Ukraine von Moskau, verwirklicht. Zu den Hintergründen und den weitreichenden Folgen der Autokephalie, der kirchenrechtlichen Unabhängigkeit der Orthodoxie in der Ukraine.
WASHINGTON ALS LACHENDER
DRITTER?
Die Huawei-Affäre, Verhaftungen und ein Todesurteil belasten die Beziehungen zwischen China und Kanada. Darüber hinaus droht ein Konflikt zwischen Peking und Warschau. Der Strategie des Weißen Hauses kommen diese Entwicklungen entgegen.
HELDEN AUF VIER PFOTEN
Trotz moderner Technik und professioneller Ausrüstung: Bei der Rettung oder Bergung von Lawinenopfern bleiben die feine Nase und das sensible Gehör von Suchhunden nach wie vor die mit Abstand besten und effizientesten Hilfsmittel, über die Rettungsmannschaften verfügen.
„HALTUNG“ STATT HANDWERK?
Die Aufarbeitung der im Dezember aufgeflogenen „Spiegel“-Fälschungen spielt in der Berichterstattung tonangebender Medien kaum noch eine Rolle. Vielmehr wartet etwa der WDR mit eigenen Fakes auf. So wird der Medienbetrieb kein Vertrauen zurückgewinnen.