Nr. 48 vom 26.11.2016

Nr. 48 vom 26.11.2016

Standpunkt

Wählen gehen!

Die Kandidaten liegen Kopf an Kopf. Zwar haben einige Umfragen der jüngsten Zeit Norbert Hofer minimal vor Alexander Van der Bellen gesehen, doch spätestens seit Hillary Clintons Niederlage weiß man, wie es um die Aussagekraft solcher Erhebungen bestellt ist. Sie werden also die Freiheitlichen auf keinen Fall in Sicherheit wiegen. Wer sich jetzt zurücklehnt, verliert. Der wird am 4. Dezember neuer Bundespräsident in Österreich, der seine Anhänger in der Schlussphase eines außergewöhnlich langen Wahlkampfes noch einmal zu motivieren weiß und die Unentschlossenen zum Urnengang bewegen kann.

Offen ist, wer letztlich vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen profitieren wird: das Lager, das in ähnlicher Weise wie der republikanische Sieger überzeugend einen Wandel versprechen kann, oder jenes, das sich die Angst vor einem ebensolchen Wandel zunutze machen will. Van der Bellen jedenfalls hofft, „dass sich die Verunsicherung, die Donald Trumps Wahl ausgelöst hat, zu meinen Gunsten auswirkt“. Währenddessen zieht Hofer folgende Parallele: „Dort, wo sich die Eliten vom Wähler entfernen, werden die Eliten abgewählt.“

Vor einigen Wochen hatte Hofer in Prag den amtierenden Staatspräsidenten Milos Zeman, einen Sozialdemokraten, besucht, der sich mit dem FPÖ-Politiker solidarisiert. Am 18. November traf Hofer in Wien mit Zemans Vorgänger im Amt, Vaclav Klaus, zusammen. Das Freiheitliche Bildungsinstitut (FBI) und der „Liberale Klub“, beides FPÖ-nahe Vereine, hatten in den vornehmen Kursalon Hübner zu einer Podiumsdiskussion geladen. Klaus, der fließend Deutsch spricht, nahm kein Blatt vor den Mund. In etablierten Befürwortern der Massenzuwanderung, die „politische Korrektheit, Moralismus, Kulturmarxismus und Manipulation“ verkörperten „wie Frau Merkel“, sieht er eine „autistische, arrogante und aggressive Elite“. Diese wolle mit der Masseneinwanderung die europäischen Gesellschaften umgestalten.

Auch die außenpolitische Situation könnte manchen noch unentschiedenen Österreicher zu einem Votum für Hofer veranlassen. Das abschreckende Beispiel der Bundesrepublik, die nach der Wahl Trumps zwischen den Stühlen sitzt, gibt zu denken. Und Hofer, dem erklärten Gegner der Russlandsanktionen, wird der Dialog nicht nur mit Putin, sondern auch mit der neuen Administration in Washington zugetraut. Zudem betrachtet er die vier Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn als „innereuropäisches Korrektiv“, so dass Österreich mit einem Präsidenten Hofer mehr Freunde hätte und zu einer mehrdimensionalen Außenpolitik in der Lage wäre.

Helmut Mayer

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 26. November 2016

AMERIKAS NEUE FIRST LADY

Auch Donald Trumps Ehefrau Melania steht im Fokus der Berichterstattung – und die ist oft alles andere als freundlich, egal ob es um Aktfotos des Ex-Models geht, die Einwanderung in die USA oder die Entscheidung, sich vornehmlich auf die Mutterrolle zu konzentrieren. Viele Medien, die sich sonst als Ritter gegen Sexismus aufspielen, offenbaren dabei hemmungslose Frauenfeindlichkeit.

MERKEL UND DIE MIGRATION

Der Bundeskanzlerin geht es um ein „offenes Deutschland“ und um die „Zuwanderungsgesellschaft“. Den Deutschen aber geht es um ihre Sicherheit. Dass sich die Bundesregierung dennoch weiterhin einer Multikulti-Utopie hingibt, legen Äußerungen auf dem jüngsten „Integrationsgipfel“ nahe.

ES GEHT AUCH ANDERS

Während die deutsche Bundesregierung mit verschiedenen Äußerungen das Verhältnis zum künftigen US-Präsidenten trübt, hat sich Japans Premierminister Shinzo Abe mit Donald Trump zu einem informellen Gespräch getroffen und ein vernünftiges Arbeitsklima geschaffen. So viel ist klar: Wenn er in Zukunft etwas für sein Land erreichen will, stehen Abe in Washington die Türen offen.

MOSKAU – KASAN

Trotz bestehender Sanktionen hat ein Industriekonsortium aus der Bundesrepublik Deutschland seine Beteiligung an einem bemerkenswerten Schnellzug-Verkehrsprojekt in Russland bekräftigt, das Moskau und Kasan, Hauptstadt der Republik Tatarstan, verbinden soll und großes Potenzial besitzt. Möglicherweise wird es in naher Zukunft Teil einer Hochgeschwindigkeitsstrecke Moskau – Peking.

VERPASSTE AUFKLÄRUNG

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2016, veröffentlicht erst am 15. November 2016, hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts gegen die Erwartung von Experten entschieden, dass die Bundesregierung die NSA-Selektorenlisten nicht an den NSA-Untersuchungsausschuss herausgeben muss. Dazu ein Kommentar.

DEUTSCH-AMERIKANER

Laut Volkszählung haben 46 Millionen US-Bürger deutsche Wurzeln. Nach Eisenhower, Hoover und Nixon wird Trump der vierte US-Präsident mit deutschen Vorfahren sein. Doch nicht nur im politischen Bereich hinterließen Deutsch-Amerikaner Spuren. Bis heute prägen die Nachkommen deutscher Immigranten die USA.

LEIPZIG AN DER SPITZE

Am 18. November übernahm RB Leipzig die Tabellenführung in der Bundesliga. RB hatte in Leverkusen mit 3:2 gewonnen, der FC Bayern hingegen in Dortmund 0:1 verloren. Der Höhenflug des Fußballproduktes polarisiert, bietet aber auch Chancen.

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