Nr. 47 vom 18.11.2016

Nr. 47 vom 18.11.2016

Standpunkt

Außenpolitische Rüpelei zum innenpolitischen Machterhalt

Im Unterschied zur deutschen Bundesregierung verschleißen sich die japanische Regierung und ihr Chef nicht mit Zurücksetzungen, Beleidigungen und abstrakten Bedingungskatalogen an die Adresse des kommenden US-Präsidenten, die Japan später mit unangenehmen Zugeständnissen bezahlen müsste. Premierminister Shinzo Abe machte am 17. November vor, wie man ein vernünftiges Arbeitsklima herstellt. Wenn er künftig in Washington etwas für Japan erreichen will, werden ihm – entschieden in der Sache, verbindlich in der Form – die Türen offenstehen.

Nach seiner Unterredung mit Donald Trump in New York sagte Abe: „Ich glaube, wir waren in der Lage, ein aufrichtiges und eingehendes Gespräch zu führen, offen und freimütig. Das Treffen fand in einer sehr warmen Atmosphäre statt. Es macht mich zuversichtlich, dass wir beide eine Vertrauensbeziehung aufbauen können.“ Man sei übereingekommen, zu einem beiderseits passenden Zeitpunkt das Gespräch zu vertiefen. Auf Nachfrage eines Journalisten sagte Abe: „Ich bin mit der Überzeugung weggegangen, dass der gewählte Präsident ein Politiker ist, dem man vertrauen kann.“

In seiner „herzlichen Gratulation“ hatte Abe am 9. November Trump als „erfolgreichen Geschäftsmann mit außerordentlichen Talenten“ gewürdigt, der nun auch seine Führungsstärke und die Entschlossenheit, die USA zu regieren, bewiesen habe. Er, Abe, wünsche Trump aufrichtig das Allerbeste und Erfolg. In einem Telefongespräch mit Trump am folgenden Tag, dem 10. November, erklärte Abe, dass er den gewählten Präsidenten so bald wie möglich treffen wolle, was Trump als „wundervollen Vorschlag” annahm. Beide vereinbarten, sich noch vor dem Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC), der am 19. und 20. November in Peru stattfand, in New York zu begegnen – und setzten dies auch um.

Wenn man hingegen auf der Internetseite der Bundesregierung – www.bundesregierung.de – den Suchbegriff „Trump“ eingibt, stößt man nach wie vor auf ein langes Register von Unfreundlichkeiten und Herabsetzungen. Auf der Regierungspressekonferenz vom 9. November 2016 wurde Steinmeiers Sprecher gefragt, ob die Bezeichnung Trumps durch den Außenminister als „Hassprediger“ „aus deutscher Sicht eine gute Basis für die Fortführung vertrauensvoller Zusammenarbeit“ sei. Die Antwort in Bezug auf „all das“, was Steinmeier „in den letzten Monaten zum amerikanischen Wahlkampf gesagt hat“, lautete, an seiner Kritik habe der deutsche Außenminister nichts zurückzunehmen.

Beispielsweise hatte Steinmeier auf der OSZE-Konferenz „Toleranz und Vielfalt“ am 20. Oktober 2016 in Berlin, fast wortidentisch mit einem Auftritt im Vormonat, in Bezug auf „Geert Wilders in Holland, Marine Le Pen in Frankreich, die AfD in Deutschland oder Donald Trump in Amerika“ erklärt: „Was sind die Sorgen der Menschen, die sie für die Verlockungen plumper Populisten empfänglich machen? Wir sehen, dass das Ungeheuer des Nationalismus, das da wieder erwacht, sich nur aus einem Futter nährt: der Angst!“

Diese Geringschätzung der Grundsätze der nationalen Souveränität und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie der Verstoß gegen die internationale Höflichkeit haben erkennbar innenpolitische Ziele: Es geht um Machterhalt. Man sieht in Donald Trump einen Gesinnungsgenossen der AfD, glaubt, mit ihm die deutsche Oppositionspartei aufzuwerten. Was für ein verantwortungsloses Spiel, nachdem man schon das Verhältnis zu dem Deutschland an sich so zugeneigten Russland und seinem germanophilen Präsidenten verdorben hat.

Jürgen Schwaiger

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 18. November 2016

AUFSTAND DER MASSEN

Demokratie funktioniert, wenn ein Kandidat, der von 95 Prozent der Medien bekämpft wird, von der eigenen Partei kaum Unterstützung erfährt und mächtige Lobbygruppen aus Wirtschaft und Finanzwelt gegen sich hat, am Ende gewinnt. Was der Wahlsieg von Donald Trump in den USA besagt.

GEEIGNET?

Frank-Walter Steinmeier soll Bundespräsident werden. Damit wird er nach dem Grundgesetz derjenige sein, der die Bundesrepublik Deutschland im völkerrechtlichen Verkehr vertritt. Wer an vernünftigen Beziehungen zu Amerika interessiert ist, hätte Steinmeier aus der deutschen Außenpolitik abgezogen.

PAUKENSCHLAG AM 4. DEZEMBER?

Das Wahlergebnis aus den USA sorgt bei Alexander Van der Bellen für Nervosität. Tatsächlich könnte bei den Präsidentschaftswahlen in Österreich das nächste Ausrufezeichen gesetzt werden. In den jüngsten Umfragen hat Van der Bellens freiheitlicher Konkurrent Norbert Hofer die Nase vorn. Entscheidend wird aber sein, wer seine Potenzial besser mobilisieren kann.

PFÄLZER ERFOLGSGESCHICHTE

Auf seine deutschen Wurzeln ist der neue US-Präsident nach eigenem Bekunden stolz. Donald Trumps Großvater wanderte Ende des 19. Jahrhunderts aus dem pfälzischen Kallstadt nach New York aus. Wie Friedrich Trump den Grundstein des Trump-Imperiums legte.

CHANCEN FÜR VOLKSENTSCHEIDE

Bislang scheiterte der Volksentscheid auf Bundesebene am Widerstand der CDU. Doch immer wieder zeigen Umfragen, dass die Deutschen sich mehr direkte Demokratie wünschen. Zuletzt sprach sich auch eine Mehrheit von 68,8 Prozent der CSU-Mitglieder dafür aus. Wann kann sich der Volkswille durchsetzen?

„WIR STEHEN ALLEIN“

Bis auf den heutigen Tag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel keine wirksamen Maßnahmen gegen massenhaften Missbrauch des Asylrechts ergriffen, obwohl die Zahl der Stimmen, die ein Umdenken fordern, wächst. Diese Politik hat Deutschland isoliert.

VERLIERT AFRIKA SEINE ZUKUNFT?

Die Folgen des „Braindrains“ sind noch nicht ausreichend wissenschaftlich beschrieben, doch steht bereits fest, dass arme Länder besonders unter der Abwanderung ihrer fähigsten Köpfe in Industriestaaten leiden. Eine Spiralbewegung, die Afrikas Zukunft nachhaltig beeinträchtigt.

„GRÜNE“ ALS KÖNIGSMACHER

Im Vorfeld der Bundestagswahl im kommenden Jahr beobachten Politiker von CDU und CSU voller Unmut, wie sich Rot-Rot-Grün zunehmend auch ganz öffentlich zusammenfindet. Dabei bastelt man hinter den Kulissen doch schon seit geraumer Zeit eifrig an Schwarz-Grün.

Nach oben