Nr. 41 vom 5.10.2018

Nr. 41 vom 5.10.2018

Standpunkt

Aloha-Sprit-Verbrauch

Das Gespräch mit dem Buchhändler kam eher zufällig auf Politik. Er offenbarte mir seine Absicht, bei der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober die „Grünen“ zu wählen. Ich dachte mir: Das wird einer der Wohlmeinenden sein, die ihre umweltbewussten Sichtweisen am ehesten bei der Partei gewahrt sehen, die sich als grün ausgibt. Machte ihn also darauf aufmerksam, dass deren Migrationsideologie mit ökologischem Denken schlecht vereinbar sei. Eine nachhaltige, ressourcenschonende Gesellschaft werde sich nicht mehr errichten lassen, wenn immer mehr Menschen Tausende Kilometer von anderen Mitgliedern ihrer Familie entfernt wohnen.

Außerdem erwähnte ich ein paar Beispiele dafür, wie wenig ernst „Grünen“-Politiker ihre vorgebliche Agenda nehmen – was man meistens erst dann erfährt, wenn etwas schiefläuft. Siehe den Bonusmeilen-Flug des einstigen Fraktionschefs Rezzo Schlauch nach Thailand oder den Mopedunfall-Urlaub von Bürgermeister Josef „Hep“ Monatzeder auf den Philippinen.

Wer das Thema Ökologie bei der Wahl unmittelbar ansprechen wolle, solle lieber die ÖDP wählen, die bereit sei, Umweltforderungen mit einem entsprechenden Lebensstil zu verknüpfen. Verwundert hörte ich die Antwort des Mannes, die ÖDP sei ihm „irgendwie zu völkisch“. Eine nähere Erläuterung zu diesem Vorwurf wollte er nicht geben – es handelte sich offenbar maximal um ein Gefühl.

Kurz darauf betritt ein anderer Kunde das Geschäft und der eben noch „grün“ redende Buchhändler fängt an, von dem 14-tägigen Surfurlaub auf Hawaii zu erzählen, von dem er gerade zurückgekehrt war. Er protzt mit dem sagenhaften „Aloha Spirit“, aber verliert kein Wort über den Sprit.

Eine Flugreise von München nach Hawaii (Flughafen Hilo) mit der obligatorischen Zwischenlandung in Los Angeles – hin und zurück 27.106 Kilometer – führt laut dem CO2-Rechner des Umweltbundesamts zu einem Kohlendioxidausstoß von 8,26 Tonnen pro Person. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was ein Durchschnitts-Inder in einem ganzen Jahr verursacht. Schlagartig wurde mir klar, dass dieser Mann gegenüber allen Ideen einer Lebensstiländerung unempfindlich sein muss, dass er die „Grünen“ keinesfalls aus Liebe zur geschundenen Natur (etwa um neue Startbahnen zu verhindern!) und zur Abwendung einer „heißen“ Zukunft wählen will, sondern weil er den Etikettenschwindel mitmacht.

Dass Reisen zuweilen bildet, traf in diesem Fall auch nicht unbedingt zu. Zumindest interessierten tiefergehende Themen – etwa die mit der Annexion des souveränen Königreichs Hawaii durch die USA im Jahr 1898 und mit dem Selbstbestimmungsrecht der polynesischen Ureinwohner des heutigen „Territory of Hawaii” bis heute einhergehenden völkerrechtlichen Fragen – den Mann nicht erkennbar.

Das Geschäft der „grünen“ Partei mit ihren Wählern basiert offenbar in vielen Fällen gar nicht auf Täuschung. Sondern manch bekennender „Grüner“ will als approbiert gut dastehen, egal was er zwischen den Wahlen anstellt. Man hängt sich sozusagen ein Wohlfühl-Label um – und lässt die Sau raus.

Mein Bild vom gelinkten, auf die Sprüche der Parteinomenklatur hereingefallenen kleinen Mann bei den „Grünen“ hat bei dieser Gelegenheit ziemliche Risse bekommen. Übrigens hatte auch besagter Buchhändler ein „Argument“ – unwürdig des Volkes eines Immanuel Kant zwar, der den kategorischen Imperativ begründete –, warum man sein Leben nicht zu ändern braucht: Für eine Deglobalisierung sei es schon zu spät.

Wenn man aber den Abschied vom globalistischen Machbarkeitswahn als notwendig ansieht, um das menschliche Leben auf unserem Planeten auf längere Frist zu gewährleisten, wüsste ich sogar noch eine deutlich wirksamere Wahl als die der ÖDP.

Ulrich Wenck

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 5. Oktober 2018

SPURWECHSEL STATT RÜCKFÜHRUNG?

Bundestagspräsident Schäuble hat eine rechtsstaatlich bedenkliche Kapitulationserklärung in der Migrationspolitik abgegeben. Was er und andere als Realismus zu verkaufen versuchen, belohnt in Wirklichkeit Rechtsmissbrauch – und das ist geeignet, den Sog noch zu verstärken.

BAYERN VOR DER WAHL

Die AfD steht vor den Toren des Bayerischen Landtags. Das gehört zu dem Wenigen, das kurz vor der Landtagswahl am 14. Oktober feststeht. Offen ist hingegen, wie sich die mageren Umfragewerte der CSU auf die Mobilisierung am Wahltag auswirken. Welche Regierungskoalition kündigt sich an? Wen kann man wählen – und wen nicht?

BITTERE PERSPEKTIVLOSIGKEIT

Nach einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie leben in der Bundesrepublik Deutschland 12,3 Prozent der Erwerbstätigen, das sind gut vier Millionen Menschen, dauerhaft in prekären Umständen: Job ohne Perspektive, zu wenig Einkommen, mangelhafte soziale Absicherung über Jahre.

GILT DER BEUTELSBACHER
KONSENS NOCH?

Lehrern ist es nicht erlaubt, Schüler im Sinne der eigenen Meinungen zu beeinflussen und an der Ausbildung eines eigenständigen Urteils zu hindern („Überwältigungsverbot“). Wie sieht es in der Realität damit aus? Der Streit um „Neutrale Schulen“ und die Gefahren politischer Indoktrination.

FEUERPROBE FÜR THERESA MAY

Die Differenzen zwischen der Premierministerin und den sogenannten Brexit-Hardlinern, allen voran Ex-Außenminister Boris Johnson und der einflussreiche Abgeordnete Jacob Rees-Mogg, lassen den innerparteilichen Druck auf Theresa May weiter anwachsen. Welches Brexit-Szenario setzt sich durch?

WOFÜR STEHT RENDI-WAGNER?

Dass mit Pamela Rendi-Wagner erstmals eine Frau an die Spitze der österreichischen Sozialdemokratie getreten ist – schön und gut. Interessanter ist allerdings, was sie qualifizierte, zu dem Bilderberg-Treffen eingeladen zu werden, das im Juni 2018 in Turin stattfand, warum sie daran teilnahm und was dort erörtert wurde.

KÄMPFER UND KÜNSTLER

Der kroatische Mittelfeldstratege Luka Modrić ist zum „Weltfußballer des Jahres“ gekürt worden. Er löst damit Messi und Ronaldo ab, die den Wettstreit um den begehrten Titel in den vergangenen zehn Jahren unter sich ausgemacht hatten. Der bisherige Lebenslauf des Kroaten ist von außergewöhnlichen Härten geprägt.

TIERSCHUTZGESETZ MIT LÜCKEN

Das bundesdeutsche Tierschutzgesetz schreibt vor, dass ein schmerzhafter Eingriff bei einem Wirbeltier nicht ohne Betäubung durchgeführt werden darf. Noch gilt allerdings die Ausnahme, dass Ferkel bis zu ihrem siebten Lebenstag ohne Betäubung kastriert werden dürfen.

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