Nr. 31 vom 29.7.2016
Standpunkt
Sicherheitsgefühl auf dem Tiefpunkt
Im Zusammenhang mit dem Amoklauf in München ist von „hochprofessionellen“ Reaktionen die Rede. 2.300 Polizisten einschließlich der GSG 9 der Bundespolizei und der österreichischen Sondereinheit „Cobra“ waren im Einsatz; in Bereitschaft standen Feldjäger der Bundeswehr.
Es waren ja auch Tausende Notrufe eingegangen, die sich als Fehlalarme erwiesen. Am prominentesten wurde durch entsprechende Medienberichte die „Schießerei am Stachus“. Der angebliche „Tote im Hofbräuhaus“ führte in Münchens bekanntester Bierhalle zu einer Massenpanik. Und in allerlei Stadtteilen, die weit vom Tatort in Moosach entfernt sind, versteckten sich Leute in Dachböden und Toilettenräumen, oft mit ihren verschreckten Kindern.
Kein Wunder, waren doch zeitweise angeblich „bis zu drei Männer mit Langwaffen“ auf der Flucht, nach denen „im gesamten Stadtgebiet und im Umland“ gesucht wurde. Einer der Täter, „erfuhr“ man außerdem am Abend des 22. Juli 2016, sei als Weihnachtsmann verkleidet.
Schon Gustave Le Bon berichtete in seinem Werk „Psychologie der Massen“ von dem „Vorgang von Kollektivhalluzinationen, die in der Geschichte so häufig sind und alle klassischen Merkmale der Echtheit zu haben scheinen, da es sich hier um Erscheinungen handelt, die von Tausenden von Menschen festgestellt wurden“. Beschleunigt wurde dieser Effekt an dem Münchner Schreckenstag durch Massenmedien und Nachrichtenprogramme wie „WhatsApp“, wo man mit Falschmeldungen eingedeckt wurde. Am Ende ergriffen die Präsidenten der USA und Frankreichs die Gelegenheit, Deutschland Hilfe anzubieten.
Vor allem aber ist das „Sicherheitsgefühl der Bevölkerung“, das die Polizei seit längerem dadurch stärken soll, dass sie bestimmte Vorgänge nicht oder nur auf Nachfrage thematisiert, spätestens seit „Nizza“ und „Würzburg“ auf dem Tiefpunkt. „Reutlingen“ und „Ansbach“ haben die Sache nachher nicht besser gemacht.
Die Frage stellt sich, was passiert, wenn wirklich einmal mehrere Täter an mehreren Stellen zuschlagen. Erleidet die ganze Stadt einen nervösen Zusammenbruch, stärkt dies die Verteidigungsmöglichkeiten nicht.
Karl Diefenbach
Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 29. Juli 2016
AXT, MESSER, BOMBE …
Mit dem Axt-Angriff auf Passagiere in einer Regionalbahn bei Würzburg begann die vergangene Woche, mit dem Selbstmordanschlag bei einem Musikfest in Ansbach endete sie. Dazwischen lagen die Amokschießerei von München und die tödliche Messerattacke in Reutlingen. Was weiß man über die Hintergründe dieser Taten?
RIO UND RUSSLAND
Thomas Bach, seit 2013 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wird von vielen Medien derzeit heftig kritisiert, weil er den geforderten Komplett-Ausschluss russischer Sportler von den Sommerspielen in Rio nicht umsetzte. Bach: „Ich muss den Athleten in die Augen schauen können.“
DONALD TRUMP UND SEINE LEITIDEE
Trump ist nunmehr offizieller Kandidat der US-Republikaner und gleich sieht eine CNN-Umfragen ihn mit 48 Prozent Zustimmung vor seiner Konkurrentin Hillary Clinton (45 Prozent). Trumps Motto lautet: Amerikanismus statt Globalismus. Was hat die Welt von ihm zu erwarten?
ZEHN SEKUNDEN IM AUGUST
Jesse Owens war der Star der Olympischen Spiele 1936. Um seine phänomenalen Erfolge in Berlin ranken sich Legenden, die aktuell auch in einem Kinofilm thematisiert werden. Genaues weiß man über Owens’ Freundschaft mit Luz Long. Die Begegnung mit dem deutschen Weitspringer prägte seine Weltsicht nachhaltig.
DROHT EIN ROCKERKRIEG?
Von Migranten dominierte Gruppen wie die „Mongols“, die „Osmanen Germania“ oder die „United Tribunes“ bereiten den bestehenden Rockergangs wie den „Hells Angels“ und den „Bandidos“ in Hamburg und anderswo zunehmend Konkurrenz.
NEUES ÜBER LORIOT
In Brandenburg hat die Tochter des großen Humoristen Vicco von Bülow, dessen fünfter Todestag sich demnächst jährt, Aufstellung und Einweihung einer übergroßen Loriot-Skulptur verhindert. Solche Dimensionen hätte der Künstler nicht gewollt, so die Argumentation.
REBELLIN IM DEUTSCHEN FEBRUAR
Zu den populärsten Bands der früheren DDR-Rockszene zählte die 1978 gegründete Gruppe „Silly“ um die charismatische Sängerin Tamara Danz, die vor 20 Jahren starb. Ein Rückblick auf Danz’ Leben und auf die Zeit, in der sie ihre größten Erfolge feierte.