Nr. 25 vom 14.6.2019

Nr. 25 vom 14.6.2019

Standpunkt

Eine überfällige Akzentsetzung

Es gibt nicht wenige Wähler, die zwar mit der migrationskritischen Agenda von FPÖ und AfD einverstanden sind, nicht aber mit manchen von – vorsichtig formuliert – Nonchalance geprägten umweltpolitischen Aussagen aus den Reihen dieser Parteien. Gerade bei jungen Leuten ist dies in Zeiten, da Bewegungen wie die in Skandinavien entstandene „Flygskam“ (Flugscham, Flight-Shaming) um sich greifen, eine Barriere.

Fehlendes ökologisches Profil ist aber auch sachlich nicht zu entschuldigen. Wenn man dem politischen Gesamtangebot der „grünen“ Vielfliegerpartei kritisch gegenübersteht, ist dies ein Grund mehr, das bei dieser in Wahrheit nachrangige Thema Ökologie entschlossen aufzugreifen. Das Verfechten echt grüner Anliegen ist umso wichtiger, als sich die sogenannten „Grünen“ mit Verve anderen Vorlieben verschrieben haben und sich auch selbst, wie immer wieder durchdringt, dem erforderlichen Lebensstilwandel entziehen.

Gegen die Doktrin globaler Verfügbarkeit

Tatsächlich kann die globalismusskeptische Richtung von FPÖ und AfD, die interkontinentalem Massengüterverkehr sowie Massenmigration kritisch gegenübersteht, die also die Doktrin der weltweiten Verfügbarkeit ablehnt, auch Entscheidendes zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen beitragen. Jede Fernmigration zum Beispiel zieht nach einigen Jahren unweigerlich ein nicht endendes Langstreckenhin- und -hergefliege nach sich. Wenn es etwas gibt, das eine ökologische Wende unmöglich zu machen droht, dann ist es die weitere räumliche Zerreißung der Lebens- und Wirtschaftszusammenhänge.

Doch ist es FPÖ und AfD bisher nicht gelungen, die ökologischen Vorzüge der von ihnen angestrebten Deglobalisierung, die Entlastungseffekte für die Lebenssphären von Menschen und Tieren zu verdeutlichen. Zugleich kann man sich gegen ein beliebiges Verpflanzen von Menschen und Verfrachten von Gegenständen kaum ein schlagenderes Argument vorstellen als den durch solche Aktivitäten und ihre Folgen mitverursachten Klimawandel.

Schließlich: Bei Fragen, die auch künftige Generationen betreffen, gilt das Vorsorgeprinzip. Es muss der sichere Weg beschritten werden. Und noch niemand hat behauptet, dass weniger Ressourcenverbrauch, der Umstieg auf die Eisenbahn, weniger Migration oder das Setzen auf regionale Wirtschaftskreisläufe die Umwelt schädigen.

Das Ziel eines immer schrankenloseren, immer wachsenden Austausches von Gütern und Menschen, bei dem Natur und Kultur keine Rolle spielen und die Erde zur Benutzeroberfläche degradiert ist, mögen doch andere verfolgen – am ehesten sind das meist diejenigen, die entsprechende Interessen haben.

Hofers Appell zum Weltumwelttag

Und so war es ein bemerkenswertes Signal, dass der FPÖ-Fraktionschef und designierte Parteivorsitzende Norbert Hofer am 5. Juni anlässlich des Weltumwelttages einen Appell „für einen verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten“ veröffentlichte. Als langjähriger Umweltsprecher der FPÖ und Herausgeber mehrerer Bücher zum Thema Energie und Umwelt sei Norbert Hofer der Umweltschutz ein großes Anliegen, heißt es in der dazu erfolgten Aussendung der FPÖ.

Auch in seiner 17-monatigen Zeit als Infrastrukturminister sei er permanent mit den Themen Energie-Gewinnung und -Speicherung konfrontiert gewesen und habe im Bereich der Forschungsförderung auch Akzente setzen können. „Österreich ist in der glücklichen Lage, seinen Energiebedarf aus erneuerbaren Primärenergieträgern decken zu können. Österreich verfügt über Wasserkraft, Windkraft, Biomasse, Solarthermie, Photovoltaik und Geothermie – ein Mix, der eine Energiewende rasch möglich macht. Darüber hinaus verzichtet Österreich auf Atomkraft. Wir müssen weiter daran arbeiten, um vom Import fossiler Energieträger unabhängiger zu werden.“

Ein konkreter Vorschlag dabei ist für Hofer die Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom aus erneuerbaren Primärenergieträgern. Die in seiner Zeit als Infrastrukturminister begonnene Dekarbonisierungs-Offensive im Verkehr soll weitergeführt werden: „Mit dem Projekt der Nahverkehrsmilliarde zur finanziellen Unterstützung des Ausbaus von öffentlichen Verkehrsmitteln haben wir ein bislang einzigartiges System vorbereitet. Ich hoffe, dass die Nahverkehrsmilliarde trotzdem Realität wird.“ Eine große Herausforderung sei die Speicherung der gewonnenen Energie – hier sei ein Forschungs- und Förderschwerpunkt zu setzen. Bereits geplante Projekte während Hofers Amtszeit als Infrastrukturminister waren der Versuch, Energie im „Zentrum am Berg“ in der Steiermark zu speichern sowie die Wasserstofferzeugung im burgenländischen Seewinkel.

Ebenfalls auf den Weg gebracht worden sei eine Wasserstoff-Strategie sowie eine verstärkte Förderung für die Erforschung neuer dekarbonisierter Antriebssysteme für Fahrzeuge. „In diesem Bereich ist es auch vernünftig und notwendig, verstärkt mit Nachbarstaaten zu kooperieren“, empfiehlt der neue FPÖ-Chef.

Auch im privaten Bereich könne jeder Akzente setzen, um die Umwelt zu schonen – etwa indem er das Fahrrad nimmt oder regionalen Produkten den Vorzug gibt. Man traut Norbert Hofer, der am Dach seines Hauses im Südburgenland Sonnenstrom produziert und sein eigenes Obst und Gemüse anbaut, diese Form von Achtsamkeit zu. In Österreich ist der Kurswechsel offenbar eingeleitet.

Zwei Facetten eines Ziels

In der FPÖ-Aussendung steht der Satz: „Für Norbert Hofer sind Klimaschutz und der von den Menschen herbeigeführte Klimawandel die größten Herausforderungen unserer Zeit.“ Unter seinem Vorsitz werde sich die FPÖ intensiv mit diesen Themen auseinandersetzen. Dazu muss die Partei interessanterweise von ihren Grundüberzeugungen nicht abweichen; vielmehr greifen die Themenkomplexe so ineinander, dass eine argumentatorische Stärkung davon ausgehen wird.

Schließlich geht es im Grunde um zwei Facetten ein und desselben konservativen Ziels: Das eigene Land und den Planeten so an die nächsten Generationen weiterzugeben, dass sie wiedererkennbar sind und die Grundlage für eine lebenswerte Zukunft sein können.

Ulrich Wenck

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 14. Juni 2019

DÄNISCHES ERFOLGSGEHEIMNIS

Die Sozialdemokraten gehen aus der Parlamentswahl als stärkste Kraft hervor. Was aus bundesdeutscher Sicht unwirklich klingt, ist in Dänemark Realität. Wie das möglich ist? Indem man mit einer gerechten und realistischen Migrationspolitik die Kernwählerschaft anspricht und den Wohlfahrtsstaat bewahrt.

DIE WANDLUNG DER CDU

Der Auftritt von Bundeskanzlerin Merkel beim Festakt in Portsmouth zum 75. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie unterstrich die rasante Wandlung der CDU. Helmut Kohl hätte daran „niemals“ teilgenommen, wie er in seinen Erinnerungen bekundete. Gerhard Schröder entschied sich 2004 anders, aber legte Wert auf die Kranzniederlegung am Grab eines unbekannten deutschen Soldaten.

BEITRAG ZUR ENTWURZELUNG

Die Empfehlung des „Regenbogenportals“ vom Familienministerium unter SPD-Ministerin Giffey, in Formularen anstatt von „Vater und Mutter“ von „Elternteil 1 und 2“ zu sprechen, ist Ausdruck einer Klientelpolitik, die mit der Lebenswelt der Bürger kaum etwas zu tun hat. Ein Blick nach Frankreich zeigt außerdem, zu welch weitreichenden Befürchtungen ein solcher Vorstoß Anlass geben kann.

FLUGBLÄTTER FÜR DIE ÖFFENTLICHE
ORDNUNG

Wenn eine Autokolonne hupend durch Straßen rast, Böller fliegen, Verkehrsregeln außer Kraft zu sein scheinen, Autobahnen blockiert, Menschen gefährdet und zuweilen auch Schüsse abgefeuert werden, dann kann das einen einfachen Grund haben: Eine Hochzeitsgesellschaft feiert. Wie soll die Polizei damit umgehen?

ANSPRUCH AUF
REGIERUNGSVERANTWORTUNG

Nachdem die AfD in Sachsen schon bei der Bundestags- und Europawahl die meisten Stimmen holte, könnte sie auch bei den Landtagswahlen am 1. September stärkste Kraft im Freistaat werden.

DAUMENSCHRAUBEN FÜR ITALIEN?

EU-Finanzkommissar Vadis Dombrovskis und EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici rüffelten Italien öffentlich, nicht genügend Anstrengungen zur Einhaltung der Schuldenregeln zu unternehmen. Alle Beteiligten wissen allerdings, dass Italien zu bedeutend ist, um es einfach fallen zu lassen.

EINE AUFGABE VON HISTORISCHEM
FORMAT

Großbritannien bewegt derzeit vor allem eine Frage: Wer wird Nachfolger von Premierministerin Theresa May und übernimmt es, das Land aus der Europäischen Union herauszuführen? Zu den Chancen von Boris Johnson und seinen Gegenspielern.

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