Nr. 18 vom 26.4.2019

Nr. 18 vom 26.4.2019

Standpunkt

Lehren aus Sri Lanka?

Dass eine lokale dschihadistische Gruppe die Anschläge vom Ostersonntag in Sri Lanka beging, veranlasste den Premierminister in Colombo zu der Warnung, weitere Angriffe könnten folgen. Das Ausmaß des Terrors ist umso bemerkenswerter, als Sri Lankas Bevölkerung zu 70,2 Prozent buddhistisch und zu 12,6 Prozent hinduistisch ist, während Muslime nur 9,7 Prozent und Christen (ganz überwiegend Katholiken) nur 7,4 Prozent ausmachen. Islamistischer Terror kann eben auch in einem Staat, in dem Nichtmuslime zahlenmäßig klar dominieren, so entsetzliche Formen annehmen wie in Sri Lanka, wenn er vor Ort günstige Brutstätten hat – also genügend Menschen, die sich radikalisieren oder einer Radikalisierung zugänglich sind.

Anders als es uns die Bundesregierung seit 2015 weiszumachen sucht, ist es folglich keine verantwortliche Vorgehensweise, jedermann unabhängig davon, wer er ist, welche Vorgeschichte er hat, ob er gültige, echte und zum Grenzübertritt berechtigende Papiere besitzt oder nicht, einreisen zu lassen, wenn er nur „Interesse an Schutz oder Asyl in der Bundesrepublik“ zum Ausdruck bringt.

Sri Lanka ist ein ethnisch tief gespaltener Staat. Die Verfassung trägt dem durch die Bestimmung Rechnung: „English shall be the link language.“ Die englische Sprache dient also als Kommunikationsmittel zwischen Gruppen, die sonst keine gemeinsame Sprache haben. Auch die sich in Sri Lanka seit 2015 häufenden Übergriffe seitens buddhistischer Extremisten auf Christen, Muslime und Hindus sind nicht gerade eine Werbung für die politisch betriebene Verwandlung der Bundesrepublik Deutschland in eine multiethnische (und multireligiöse) Gesellschaft; also für das „historisch einzigartige Experiment“, das der Politikwissenschaftler Yascha Mounk in den Tagesthemen vom 20. Februar 2018 verkündete, wobei er einräumte, dass „es natürlich auch zu vielen Verwerfungen“ komme.

Der „Islamische Staat“, der das Massaker in Sri Lanka für sich reklamiert, ist mit seinem „Franchising“-ähnlichen Konzept für den Terror längst keine Notwendigkeit. Wenn der IS verschwindet, wird es neue, vielleicht noch weniger fassbare Formen der Koordination, Anleitung und öffentlichen Inanspruchnahme „erfolgreicher“ Attentate geben. Wichtiger für die Frage, inwieweit ein Land betroffen ist, ist das Ausmaß, in dem dort zur Tat bereite Strukturen ansässig sind.

Es ähnelt daher einem Vabanquespiel, das Rekrutierungs- und Mobilisierungspotenzial in Deutschland durch die unveränderte pauschale Einreisegestattung weiter zu vergrößern. Doch § 18 Absatz 2 Nr. 1 Asylgesetz wurde von der Bundesregierung im Zuge der Wiedereinführung von „Grenzkontrollen“ im September 2015 außer Anwendung gesetzt – wobei es bis heute geblieben ist. Diese Bestimmung schreibt vor, dass die Bundespolizei über sichere Drittstaaten anreisende Migranten, die nicht über zur Einreise berechtigende Papiere verfügen, an der Bundesgrenze zurückweist. EU-Recht steht der Einreiseverweigerung, wie der ehemalige Bundesverfassungsgerichtspräsident Professor Hans-Jürgen Papier in seiner rechtsgutachtlichen Stellungnahme vom 26. Juni 2018 überzeugend dargelegt hat, nicht entgegen.

Antonie Reuter

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 26. April 2019

NOTRE-DAME: WAS DER
CHEFARCHITEKT SAGT

Benjamin Mouton, bis 2016 Professor an der Architektur- und Denkmalschutzhochschule „Ecole de Chaillot“, bis 2013 Generalinspekteur für die historischen Monumente in Paris und Chefarchitekt von Notre-Dame, findet nicht nur die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Feuers „unbegreiflich“. Alte Eiche brenne nicht so einfach.

WELCHE PERSPEKTIVE BLEIBT
THERESA MAY?

Auch wenn man davon ausgeht, dass Großbritanniens Premierministerin Theresa May und Oppositionsführer Jeremy Corbyn redlich darum bemüht sind, sich auf ein Austrittsabkommen zu einigen, hinter dem sich eine Mehrheit im Unterhaus versammeln könnte, ist es unwahrscheinlich, dass das Vereinigte Königreich die EU vor dem 1. Juni verlassen wird.

VORZEICHEN FÜR DIE
EUROPAWAHL?

Nicht nur der Wahlsieg der Partei Die Finnen bei den jüngsten Wahlen zum Eduskunta, dem nationalen Parlament in Helsinki, hat der gerade erst geschmiedeten „Europäischen Allianz der Menschen und Nationen“ (EAPN) weiteren Auftrieb verschafft.

NEUE GESICHTER

Von wegen Straßburg als Altenteil der Parteien. Dass es damit vorbei ist, unterstreicht die Nominierung des 23-jährigen Jordan Bardella zum Spitzenkandidaten des „Rassemblement National“. Was sind seine Ziele?

AUF ABWEICHENDEN PFADEN

Zwei weibliche Bundestagsabgeordnete der „Grünen“ sind in der vergangenen Woche mit einem Diskussionspapier zu Thema Frauenfeindlichkeit unter Migranten hervorgetreten und haben dabei die in ihren Kreisen üblichen Sprachregeln teilweise missachtet. Entsprechend groß sind seither Empörung und Ablehnung.

BRENNPUNKT SUDAN

Nach 30 Jahren an der Macht wurde Sudans Präsident Omar al-Baschir vom Militär gestürzt. Nun ringen Regional- und Weltmächte um Einfluss. Eine Hintergrundanalyse.

FUSSBALLLEGENDE OHNE ALLÜREN

Trainer Friedhelm Funkel sorgt derzeit mit seinem Klub Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga für Begeisterung. Der Aufsteiger sicherte die Klasse frühzeitig, kann längst für die neue Spielzeit planen. Funkel, früher zuweilen belächelt, genießt seine späte Anerkennung.

SCHÖNSTER MILCHLADEN DER
WELT

Was einst mit einer Handvoll Kühen begann, ist längst Touristenattraktion in Dresden geworden. Die Erfolgsgeschichte der Molkerei der Gebrüder Pfund in Elbflorenz. Schöner kann man Milch nicht kaufen.

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