Nr. 12 vom 16.3.2018

Nr. 12 vom 16.3.2018

Standpunkt

„Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold.“

So bestimmt es Artikel 22 des Grundgesetzes. Was sich die ARD mit der am 9. März ausgestrahlten Folge der ARD-Degeto-Reihe „Hotel Heidelberg“ auf Beitragszahlers Kosten erlaubt hat, ist nicht nur vor diesem Hintergrund Novum und Tiefpunkt der Fernsehgeschichte zugleich: Hotelbesitzerin „Hermine Kramer“ nimmt einer Herrenrunde den Wimpel in den deutschen Farben weg und entsorgt ihn – in den Müll.

Die Inspiration zu dem Drehbucheinfall könnte Angela Merkel selbst geliefert haben. Auf der CDU-Wahlparty 2013 hatte sie entschlossen nach der kleinen Deutschlandfahne, die Hermann Gröhe fröhlich schwenkte, gegriffen, um sie von der Bühne zu schaffen. Die durch den harten, tadelnden Gesichtsausdruck noch feindseliger wirkende Geste ließ Antipathie erkennen: nicht gegen den verdutzten Gröhe, sondern gegen die Farben der Republik, deren Kanzlerin sie ist.

Pflichtschuldig stellte die ARD in ihrem Freitagsprogramm holzschnittartige Klarheit her: Die Hotelbesitzerin und ihr ebenfalls empörtes Personal sind die Guten, die Schwarz-Rot-Gold-Freunde, die auch noch ein Faible für das Brandenburger Lied („Märkische Heide“) haben, gilt es zu bekämpfen. Der Zuschauer soll sich mit der resoluten „Hermine Kramer“ identifizieren und ferner merken, dass eine abweichende Meinung ins soziale Abseits führt. Die übrigen Gäste im Hotelgarten, die hier wohl für die Gesellschaft stehen, haben die Chefin zuerst auf die ärgerliche Deutschlandfahne aufmerksam gemacht und applaudieren dann bei deren Beseitigung. So viel „Zivilcourage“ lässt sich auch nicht davon beeindrucken, dass es sich bei der Flagge und den Farben um deutsche Nationalsymbole und um nach § 90a StGB vor Verunglimpfung geschützte Symbole der Bundesrepublik Deutschland handelt.

Die Botschaft scheint dem Sender besonders wichtig zu sein. Nicht die Geschichte um das Sorgerecht für den 14-jährigen Ole, das immerhin titelgebend für die Episode („… Vater sein dagegen sehr“) ist, diente im Vorabendprogramm als Reklame für die Ausstrahlung um 20:15 Uhr, sondern die symbolträchtige Szene mit der Entsorgung des schwarz-rot-goldenen Tischwimpels.

Wo im Ersten die Seniorchefin des Hotels einschreitet, um Abweichler zu rügen, bezieht im wahren Leben schon mal der eigene Verlag Stellung. Suhrkamp jedenfalls distanzierte sich sehr schnell von seinem Autor Uwe Tellkamp, nachdem sich dieser bei einer Podiumsdiskussion in Dresden aufsehenerregend geäußert hatte. Erinnern wir uns also: Meinungsfreiheit und Demokratie, um die sich Tellkamp sorgt – sie sind seit zwei Jahrhunderten immer wieder im Zeichen von Schwarz-Rot-Gold eingefordert, durchgesetzt und verteidigt worden.

AW

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 16. März 2018

VEREINIGTE STAATEN VON EUROPA?

Die Politologin Ulrike Guérot plädiert in einem Online-Format der Deutschen Bank für die Abschaffung des Nationalstaats und setzt auf eine europäische Arbeitslosenversicherung als identitätsstiftende Klammer einer „europäischen Demokratie“. Ihre historische Begründung hält einer Überprüfung nicht stand. Bemerkenswert ist auch, welcher Plattform sie sich für ihre reichlich autoritär vorgetragenen „Gedanken der Woche“ bedient.

WERBUNG FÜR ASYLMIGRATION

Der „Asyl-Erklärfilm“ des BAMF, der die Vorzüge einer Asylmigration nach Deutschland eindrucksvoll darstellt, ist unter anderem über den YouToube-Kanal der Hessischen Landesregierung abrufbar – trotz der begründeten Kritik an dem realitätsfernen Streifen.

RUNDFUNKGEBÜHR

Das Schweizer Referendum zu den dortigen Rundfunkgebühren („No-Billag“) hat dazu geführt, auch außerhalb der Eidgenossenschaft Finanzierung und Funktion öffentlich-rechtlicher Sender erneut zu hinterfragen. Anders als die Schweizer haben die Bundesdeutschen nicht die Möglichkeit, ihre Meinung per Volksentscheid kundzutun.

ENTSCHEIDUNG IN OST-GHUTA

Die Offensive der syrischen Armee gegen die „Rebellenhochburg“ in Ost-Ghuta ist entscheidend für den Ausgang des Konflikts, denn mit deren Einnahme hätte die syrische Regierung die volle Kontrolle über den Großraum Damaskus wiederhergestellt. Wer sind ihre Gegner vor Ort? Und welche Rolle spielt die Türkei?

DIE SOGENANNTEN POPULISTEN

Die Situation in Italien nach dem Wahlsieg von Fünf-Sterne-Bewegung und Lega. Und die Reaktionen aus dem Ausland.

KLEINES LAND, GROSSE BEDEUTUNG

Am 7. März beendeten Australien und Osttimor mit der Unterzeichnung eines Vertrags über den Verlauf der Seegrenze einen jahrelangen Streit. Damit soll nicht nur ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen“ eröffnet werden. Osttimor als geopolitischer Brennpunkt im Süden Asiens.

LANDWIRTSCHAFT IM WANDEL

Der aktuelle Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes verdeutlicht die Problematik von Freihandel und EU-Agrarpolitik

DIE SICH UM SCHWARZ-ROT-GOLD SCHARTEN

Artikel 3 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 bestimmte: „Die Reichsfarben sind schwarz-rot-gold. Die Handelsflagge ist schwarz-weiß-rot mit den Reichsfarben in der oberen inneren Ecke.“ Bei der Findung dieses Kompromisses war von den Anhängern von Schwarz-Rot-Gold auf die Revolution von 1848 und in diesem Zuge auf die Befreiungskriege gegen Napoleon, das Lützowsche Freikorps, die Urburschenschaft zu Jena und das Wartburgfest verwiesen worden.

„DU BIST FAUST“

Phänomen Faust: Wie kaum ein anderes Werk der deutschen Literatur hat Goethes Drama über den Pakt zwischen Teufel und Gelehrtem Künstler in ganz Europa begeistert und inspiriert. Kein Wunder, spricht das Drama doch die großen Fragen der Menschheit an und weist visionär in die Moderne. Eine Ausstellung in der Hypo-Kunsthalle in München widmet sich der mannigfaltigen Rezeption und der Faszination, die „Faust“ bis heute nicht eingebüßt hat.

Nach oben