Nr. 6 vom 3.2.2017

Nr. 6 vom 3.2.2017

Standpunkt

Wie Merkels Politik Europa schadet

Als US-Präsident Donald Trump am 27. Januar Theresa May, die Premierministerin des Vereinigten Königreichs, empfing, wertete er die Beziehungen zwischen Großbritannien und den USA von der traditionellen „Special Relationship“ zu einer „Most Special Relationship“ auf. Das dürfte auch den Tatsachen entsprechen. Trump und May verbindet schon der Umstand, dass beide durch Merkels Massenmigrationspolitik (namentlich durch die Bilder und Berichte, die die pauschale und massenhafte Gestattung der Einreise nach Deutschland hervorrief) in ihre heutigen Ämter gekommen sind. Erst unter den Eindrücken vom Balkan, aber auch von den Exzessen in Köln, kam es sowohl zu einer Mehrheit für den Brexit – und damit zu Mays Übernahme der Regierung – als auch zu Trumps Wahlsieg. Merkels Politik lieferte das Schreckbild, das die noch Unentschlossenen bewegte und die Waage schließlich sinken ließ – im einen Fall zugunsten des EU-Austritts Großbritanniens, im anderen zugunsten Trumps.

Zudem hat man die Briten durch eine Reihe dummer, arroganter und antieuropäischer Sprüche so weit gebracht, dass sie nun zu stolz sind, noch etwas von der EU zu erbitten – etwa einen „weichen“ Brexit. Hierzulande sind Entfremdung und Gedankenlosigkeit inzwischen so weit, dass Journalisten, ohne mit der Wimper zu zucken, von den künftigen „europäisch-britischen Beziehungen“ schreiben – das ist so, wie wenn ein Mensch von seinen Beziehungen zu seiner linken Schulter spräche.

Logischerweise sucht London nun sein Heil bei den USA. Theresa May hat gar keine andere Option, als der Einladung zur „Most Special Relationship“ zu folgen, und auch für Trump ist dieses Bündnis angesichts der feindlichen Töne aus Berlin und Brüssel naheliegend. Das Ergebnis ist eine außenpolitische Konstellation, die man aus europäischer Sicht bedauern und die aus deutscher Sicht ungute Gefühle wecken kann: England an der Seite der USA, letztere nähern sich Russland an – und wir sind mit Moskau, mit Washington und mit London über Kreuz. Das Ganze nur um der fixen Idee willen, dass an den deutschen Staatsgrenzen niemand zurückgewiesen werden soll, auch wenn das 1993 mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Gesetz – siehe § 18 Asylgesetz – das Gegenteil vorsieht.

Was haben wir dafür bekommen? Jedenfalls ist Deutschland in den letzten zwei Jahren nicht europäischer geworden, wie eine Fahrt mit der S-Bahn verrät. So etwas nennt man wohl Politikversagen – auf die Gefahr hin, dass auch dieser Ausdruck demnächst zum Unwort erklärt wird.

B. Schreiber

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 3. Februar 2017

ET RESPICE FINEM!

Kanzlerin Merkel hat seit 2015 nicht nur Deutschland verändert, sondern die ganze Welt. Ihre Politik hat den Ausschlag gegeben, dass Donald Trump und Theresa May in ihre Ämter gelangten, hat Europa gespalten und auch die neue „Most Special Relationship“ zwischen den USA und Großbritannien geschmiedet. Und das sind nicht die einzigen Folgen.

HERR SCHULZ WILL NACH OBEN

Quasi über Nacht ist die SPD zu einem Merkel-Gegenspieler gekommen. Kann Martin Schulz, der vormalige Präsident des Europäischen Parlaments, die „Merkel muss weg“-Stimmung im Land bedienen? Was hat er seiner Partei und was Deutschland zu bieten?

TUNESISCHES PULVERFASS

Wenn Europäer in Tunesien urlauben, ist dies sicher als privates Risiko einzustufen. Dass aber entgegen der deutschen Gesetzeslage jeder Tunesier, selbst wenn er keine oder falsche Papiere bei sich hat, über die deutsche Staatsgrenze reisen kann, indem er „Interesse an Schutz oder Asyl“ bekundet, ist politisch verantwortungslos. Damit erstrecken sich die Gefahren auf Deutschland, vor denen die Bundesregierung in ihren Reise- und Sicherheitshinweisen für Tunesien warnt.

DIE ERDOGAN-TÜRKEI

Rund um den Besuch von Kanzlerin Merkel in der Türkei hat sich dort die Lage zugespitzt. Im Schnellverfahren hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine Verfassungsreform durch das Parlament gepeitscht – mit bedenklichen Konsequenzen.

WACKELKANDIDAT FILLON

Ist für François Fillon die Präsidentschaftswahl in Frankreich schon gelaufen? Die Staatsanwaltschaft ermittelt, weil der Kandidat der Republikaner als Abgeordneter seiner Frau Penelope eine Scheinbeschäftigung gegeben haben soll. Der Skandal hat seinem Image als integrem Konservativen schwer geschadet.

BEDINGT EINSATZFÄHIG

Brauchen wir eine Verteidigungs- oder eine Interventionsarmee? Der Wehrbeauftragte stellt der Ausstattung der Bundeswehr ein schlechtes Zeugnis aus. Trotzdem werden Soldaten in gefährliche Auslandseinsätze entsandt. Wie soll in Mali gelingen, was in Afghanistan gescheitert ist?

POLITISCH MISSBRAUCHT

Albert Leo Schlageter wurde schon bald nach seinem Tode politisch missbraucht. Auch jetzt wird in Massenmedien ausgeblendet, dass der während der Ruhrbesetzung 1923 von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilte Offizier und katholische Verbindungsstudent tief gläubig war und dass demokratische Größen der Weimarer Republik, allen voran die Reichsregierung Cuno, in ihm einen „Märtyrer“ sahen. Ein Blick in zeitgenössische Dokumente.

HÖHEPUNKT DER „REICHSPUBLIZISTIK“

Vor 350 Jahren veröffentlichte Samuel von Pufendorf seine Schrift „De statu imperii germanici“ über Zustand, Verfassung und die „eigentliche Staatsform des Reiches“. Wie der frühneuzeitliche Rechtsphilosoph „das fieberkranke Deutschland“ kurieren wollte.

Nach oben