Nr. 42 vom 14.10.2016

Nr. 42 vom 14.10.2016

Standpunkt

Abgesperrte Bereiche

Ein Absperrband riegelte am 10. Oktober 2016 den Zugang zu dem Haus in Leipzig ab, in dem die Polizei zwei Tage nach dem Bombenfund in Chemnitz den terrorverdächtigen Syrer Dschaber al-Bakr festnehmen konnte. Al-Bakr, 22, kam im Februar 2015 nach Deutschland. Obwohl er nach Lage der Dinge über einen sicheren Drittstaat anreiste, war ihm weder die Einreise verweigert worden noch wurde er seinerzeit in den Staat, aus dem er einreiste, zurückgeschoben. Die entsprechende Vorschrift in § 18 Asylgesetz, die Merkel am 13. September 2015 (gegen den Willen des Bundespolizeipräsidenten Romann) außer Kraft setzen ließ, wurde nämlich schon da in der Praxis nicht mehr angewandt.

Das Land, dessen Kanzlerin eine „Schließung der Grenzen“ (dabei geht es in Wahrheit nur um die gesetzlich vorgesehene Verweigerung der Einreise derer, die dazu nicht berechtigt sind) ablehnt und deshalb gerne davon spricht, dass „Zäune“ nicht helfen würden, sperrt nun im Inneren auf Teufel komm raus ab und zu. Was alles abgesperrt wird, ergibt sich – wie bei besagtem Leipziger Haus – auf Grund der „Dynamik der Lage“ oft erst ganz kurzfristig.

Manchmal erfährt man es aber schon Monate oder Wochen im Voraus. So wurde am 6. Oktober 2016 von der Stadt Köln ein neues Sicherheitskonzept vorgestellt: „Mit 1,10 Meter hohen Drängelgittern soll an Silvester ein weiträumiger Bereich um den Kölner Dom abgesperrt werden. Diese Zone wird vermutlich einen Teil des Bahnhofvorplatzes umfassen. An knapp 15 Punkten können Passanten nach Kontrollen in die Schutzzone gelangen.“ Fürwahr ein Novum in der mehr als siebeneinhalb Jahrhunderte langen Geschichte des Doms, das den Einschnitt verdeutlicht, den das Jahr 2015 bedeutet.

Neben den prominenten Sperren, zu denen auch die beim Oktoberfest und jene bei der Einheitsfeier in Dresden gehörten, gibt es natürlich auch die eher diskreten. Viele halten es beispielsweise wie die Ehefrau des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, der im August durchblicken ließ: „Meine Frau allerdings fährt abends nicht mehr unbedingt mit der S-Bahn.“ Man sperrt sich also zuhause oder im Auto ein.

Weil die Diebstähle in Zügen und an Bahnhöfen drastisch zunehmen (bereits 2015 lag der Zuwachs bei 25 Prozent), empfiehlt die Bundespolizei auch insoweit die Sperrung: Wertsachen sollen stets eng am Körper in verschlossenen Innentaschen getragen werden.

Manchmal bedarf es aber auch eigener Erfahrungen, um zum neuen Trend aufzuschließen: Als einer unserer Mitarbeiter sich vor einer Woche mittags mit knapper Not an einem Bahnhof wieder in den Besitz seines Fahrrads setzen konnte, das eine Gruppe nichteinheimischer Diebe im Laufschritt zu entwenden suchte, wurde ihm schlagartig klar, dass er zu wenig gesperrt hatte: nämlich nur ab- und nicht an-. Das passiert ihm selbstverständlich nicht wieder.

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 14. Oktober 2016

STEHAUFMANN TRUMP

Nein, seine sexistischen Entgleisungen haben Donald Trump noch nicht den Sieg gekostet, was auch an seinem enormen Selbstbewusstsein liegt. Dass Hillary Clintons politisches Sündenregister lang ist, spielt dabei ebenfalls eine Rolle.

FATALE GLEICHGÜLTIGKEIT

Linksextreme Gewalt verdient keinen Robin-Hood-Nimbus, sondern ist ein ernstes Problem, über das zu selten gesprochen wird. Wie kommt das Klima, in dem sie gedeihen kann, zustande?

DAS RECHT, KONSULTIERT ZU WERDEN

Wohl jedes etablierte Blatt sah den Tag der Deutschen Einheit „überschattet“, gab sich empört. Was aber war geschehen? Bürger hatten lautstark ihren Unmut geäußert und Politiker auch ausgebuht. Ein Augenzeugenbericht.

BILLIGFLEISCH UND DIE FOLGEN

2,19 Euro für vier Schweinenackensteaks mit einem Gesamtgewicht von 600 Gramm – im Kampf um niedrige Preise scheint es keine Grenzen zu geben. Die industrielle Landwirtschaft verursacht allerdings weitaus mehr Kosten, als durch die Lebensmittelpreise anschaulich wird.

WIE DRAGHI DIE KRISE VERSCHÄRFT

Bereits über eine Billion Euro hat die Europäische Zentralbank (EZB) durch den Ankauf von Staatsanleihen in die Märkte gepumpt. Die damit verbundene extreme Niedrigzinspolitik entwertet die Sparvermögen der Deutschen und gefährdet ihre Altersvorsorge.

DER HAMANN’SCHE MEHRWERT

Kaum jemand konnte Geschichte derart spannend erzählen – fesselnd wie ein Roman und wissenschaftlich aufgeladen wie eine gute Dissertation. Ein Nachruf auf die Historikerin Brigitte Hamann, die am 4. Oktober in Wien verstorben ist.

DRESDNER KUGELHAUS

Vor 100 Jahren begann der Architekt Peter Birkenholz seinen Entwurf für ein neuartiges Gebäude, das der Kunsthistoriker Fritz Löffler „den interessantesten Bau des (damaligen) Ausstellungsjahrzehnts“ nannte. Das revolutionäre Dresdner Kugelhaus stand allerdings nur zehn Jahre lang.

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