Nr. 34 vom 18.8.2017

Nr. 34 vom 18.8.2017

Standpunkt

Pull-Faktor Illusionen

Am Morgen des 9. August 2017 zwangen Menschenschmuggler mehr als 120 somalische und äthiopische Migranten aus einem Boot in die stürmische See, als es sich der Küste des jemenitischen Gouvernements Schabwa näherte. Kurz nach der Tragödie entdeckten Mitarbeiter der Internationen Organisation für Migration (IOM) auf einer Routinepatrouille die oberflächlichen Gräber von 29 Migranten an einem Strand in Schabwa. Die Toten waren von jenen bestattet worden, die mit dem Leben davon gekommen waren. Personal der IOM leistete 27 Überlebenden, die am Strand verblieben waren, medizinische Hilfe und versorgte sie mit Wasser und Nahrung. Ungefähr 42 weitere Überlebende hatten den Strand schon zuvor verlassen. 22 Migranten galten als vermisst.

Überlebende sagten den IOM-Mitarbeitern laut dem Chef der IOM-Mission im Jemen, Laurent de Boeck, dass der für ihr Boot verantwortliche Menschenschmuggler sie ins Meer gejagt habe, weil er einige „Behördentypen“ nahe der Küste gesehen hätte. Nach ihren Angaben sei der Verbrecher nach Somalia zurückgekehrt, wo er sein „Business“ fortsetzen werde.

„In der falschen Hoffnung“

Laurent de Boeck benennt auch die Ursache der Tragödie: „Zu viele junge Leute bezahlen Schmuggler in der falschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“ Und die Menschenschmuggler machten den Migranten falsche Versprechungen. Damit ist die Mechanik der Migration auf den Punkt gebracht.

Auf anderen Migrationsrouten ist das Leid nicht geringer. So werden Frauen oft schon auf dem Weg nach Libyen vergewaltigt. Die durch Merkels Politik der weiterhin offenen Bundesgrenze genährte Hoffnung ist dabei unverändert einer der größten Pull-Faktoren. Übrigens ist auch bei vielen, die über den Jemen in die Golfstaaten streben, Europa das Endziel. Immer häufiger versuchen selbst solche Afrikaner, die in den Golfstaaten Arbeit in der Ölindustrie gefunden haben, mithilfe von Schleppern in die EU zu gelangen.

Aus unerfindlichen Gründen lehnt es die Regierung Merkel aber ab, den tödlichen Magneten durch klare Signale abzustellen, die den Verheißungen der Schlepper entgegenwirken können. Solche Signale würden sich nicht weniger rasch verbreiten als Willkommensselfies und „Wir schaffen das“-Bekundungen, denen immer noch keine vergleichbar öffentlichkeitswirksame Botschaft entgegengesetzt wurde.

Wie sehr Deutschland im Mittelpunkt der Illusionen steht, zeigte jetzt diese dpa-Meldung: „Bis zu 90 Prozent der bislang nach Lettland umgesiedelten Flüchtlinge haben nach Angaben der Regierung den Baltenstaat bereits wieder verlassen. ‚An dieser Tendenz ändert sich nichts‘, sagte Innenminister Rihards Kozlovskis am Mittwoch im lettischen Fernsehen. Lettland hat im Zuge der EU-weiten Flüchtlingsumsiedlung bislang rund 346 der zugesagten 531 Migranten aufgenommen. Medienberichten zufolge sind die meisten von ihnen aus dem baltischen EU-Land abgewandert oder hatten versucht, das Land vor allem Richtung Deutschland zu verlassen.“

Grenzsicherung plus Kommunikation

Der Drei-Punkte-Plan, den Alice Weidel, AfD-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, vorgeschlagen hat, umfasst daher zu Recht neben der Sicherung der Bundesgrenzen durch die Bundespolizei in Zusammenarbeit mit österreichischen Behörden und der Schließung der Mittelmeerroute auch eine Kommunikationsstrategie. Angesichts der Prognose des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration (GASIM), wonach sich die Zahl der in der Bundesrepublik ankommenden Asylbewerber in der zweiten Jahreshälfte deutlich erhöhen wird, fordert Weidel, jene Menschen, die sich Richtung Europa aufmachen wollen, auf geeigneten Kommunikationskanälen über diese Maßnahmen zu informieren. Hierzu ist nach ihrer Ansicht „eine Kampagne vonnöten, die alle medialen Möglichkeiten in den Herkunftsländern nutzt“.

Ulrich Wenck

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 18. August 2017

KRIEG DER STARKEN WORTE

Wie ernst meinen es die Vereinigten Staaten von Amerika und Nordkorea? Die Geschichte lehrt, dass eine Eskalation gegenseitiger Drohungen, die die Spielräume der Protagonisten einengen und sie unter Handlungsdruck setzen, durchaus in einen Krieg münden kann.

NIEDERSACHSEN VOR DEN WAHLEN

Die Causa Twesten hat den Verlust der Regierungsfähigkeit ausgelöst. Eine neue Dimension gewann die Krise in Hannover aber durch den Verdacht, der Volkswagen-Konzern habe massiven Einfluss auf eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil genommen. Drei Wochen nach der Bundestagswahl wird der Landtag neu gewählt.

VERZAHNUNGEN

Verfassungsschützer verweisen auf die Rolle von Bündnissen und Kampagnen, die zwar vorgeben, Rassismus zu bekämpfen, jedoch von Linksextremen getragen werden. Häufig aber hindert dies Politgrößen nicht daran, sich mit solchen Bündnissen einzulassen.

FREUNDLICHER REVOLUTIONÄR

Luigi Di Maio gehört dem Führungsgremium der Protestpartei „MoVimento 5 Stelle“ (M5S, Fünf-Sterne-Bewegung) an und ist seit 2013 Vizepräsident der italienischen Abgeordnetenkammer. Der 31-jährige Senkrechtstarter wird bereits als potenzieller Ministerpräsident Italiens gehandelt. Seine steile Karriere, sein politisches Programm.

CHANCEN REGENERATIVER ENERGIEN

Nachhaltigkeitsdenken ist nicht „ideologisch“. In der Bundesrepublik Deutschland, die zu einem hohen Grad von Rohstoffen abhängig ist, haben weite Teile der Bevölkerung dafür ein Bewusstsein entwickelt. Fazit: Die Energiewende ist notwendig, sie muss allerdings richtig gestaltet werden.

AUSLÖSCHEN, UMBENENNEN, ENTSORGEN?

Der Name Ernst Moritz Arndt scheint für hierzulande tonangebende Kräfte mittlerweile eine echte Provokation zu sein. Kann die nach dem Freiheitsdichter benannte Bundeswehrkaserne im mecklenburgischen Hagenow ihren Namen behalten?

MIFA-RETTUNG

Im Harz wird weiter am Rad gedreht. Nach einer langen Zitterpartie rettet der Coburger Unternehmer Stefan Zubcic die traditionsreichen Fahrradwerke in Sangershausen. Aus dem Traditionsunternehmen „Mitteldeutsche Fahrradwerke“ wird die „Sachsenring Bike Manufaktur“.

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