Nr. 3 vom 12.1.2018

Nr. 3 vom 12.1.2018

Standpunkt

Shinzo Abe, der japanische Anti-Merkel

Shinzo Abe, Premierminister und Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei, will dafür sorgen, dass sich das japanische Volk ungeachtet des Geburtenrückgangs nicht aus der Geschichte verabschiedet, sondern diese Herausforderung aus eigener Kraft bewältigt. Seine „Neujahrsgedanken“ 2018 widmete er der abnehmenden Geburtenrate und der alternden Gesellschaft sowie der Frage, wie Japan mit dieser „kritischen Situation“ umgehen solle. Dazu erinnerte Abe an eine frühere Umgestaltung der japanischen Gesellschaft, die Meiji-Restauration, die unter dem Tenno dieses Namens ab 1868 stattfand:

„Vor 150 Jahren brandete eine Woge kolonialer Herrschaft nach Asien und die Erneuerung der Nation durch das Japan der Meiji-Ära begann unter diesem Druck. Um die riskante Situation zu überwinden, die man ehrlicherweise als nationale Krise bezeichnen sollte, drängte Japan auf einmal mit der Modernisierung vorwärts. Die Antriebskraft dafür bildete jeder einzelne Japaner. […] Japan bewahrte seine Unabhängigkeit, indem es das ganze Spektrum der Fähigkeiten mobilisierte, die es im japanischen Volk gab.“

„Wie unsere Vorfahren vor 150 Jahren“

An diesem Vorbild will sich Abe mit Blick auf die jetzige Bevölkerungskrise orientieren: „Wir können die Zukunft mit unseren eigenen Händen gestalten. Alles hängt von dem Streben und dem Eifer von uns, dem japanischen Volk, ab. Alles hängt davon ab, ob wir daran glauben, dass wir die Zukunft beeinflussen und handeln können, wie es unsere Vorfahren vor 150 Jahren getan haben.“

Die Behauptung, mit einer sinkenden Bevölkerung könne die japanische Wirtschaft nicht mehr wachsen, hält Abe durch die letzten fünf Jahre, in denen das nominale Bruttoinlandsprodukt um mehr als elf Prozent gestiegen sei und ein Rekordhoch erreicht habe, für widerlegt. „Obwohl unsere Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter um 3,9 Millionen abgenommen hat, ist die Zahl der Beschäftigten um 1,85 Millionen gestiegen.“ Und: „Wir können jetzt Dinge erreichen, die sogar in der Periode raschen wirtschaftlichen Wachstums außer Reichweite waren.“

Abe zeigte sich „überzeugt, dass Japan auch weiterhin in der Lage sein wird, ein robustes Wachstum zu genießen, wenn es uns gelingt, eine Gesellschaft zu schaffen, in der alle Bürger dynamisch engagiert sind und in der alle, ob männlich oder weiblich, jung oder alt, auch diejenigen mit Behinderungen oder schweren Krankheiten oder solche, die früher einmal gescheitert sind, ihre Fähigkeiten im größtmöglichen Umfang demonstrieren können“.

„Hand in Hand mit dem japanischen Volk“

„Wir werden stark in die Zukunft der Kinder investieren“, versprach Abe, und: „Wir werden das Leben und den sicheren Alltag der Japaner unter allen Umständen schützen.“ Die Reformen, die seine Partei bei den Wahlen 2017 angekündigt hat, will Abe nun „Hand in Hand mit dem japanischen Volk“ umsetzen.

Im September 2016 hatte Shinzo Abe Japans sinkende Bevölkerung als „kein Übel, sondern Ansporn“ bezeichnet und erklärt, verstärkt auf Roboter und künstliche Intelligenz setzen zu wollen. Die französische Tageszeitung „Le Monde“ hält in ihrer Ausgabe vom 10. Januar 2018 fest: „Die [japanische] Regierung schließt es aus, zur Kompensation der fallenden Zahl von Arbeitskräften auf Einwanderung zurückzugreifen.“

Die Automatisierung, auf die Abe bei der Bewältigung des Bevölkerungsrückgangs baut, wird auch in Deutschland kommen und voraussichtlich werden dadurch Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Nicht nur, aber auch deswegen ist es der klügere Weg, sich wie Japan auf den zahlenmäßigen Rückgang der Bevölkerung und den Anstieg des alten Bevölkerungsteils einzustellen und gleichzeitig Maßnahmen zu ergreifen, die eigene Geburtenrate zu stabilisieren, als eine große Zahl von Migranten ins Land zu holen, von denen niemand weiß, ob, wann und wie lange für sie ein Arbeitsplatz da sein wird. Was die sich abzeichnende Entwicklung für den Frieden im deutschen Gemeinwesen bedeuten kann, kontrastiert wohl deutlich mit dem „sicheren Alltag der Japaner“, den Abe, ohne zu lügen, in Aussicht stellt.

Ulrich Wenck

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 12. Januar 2018

BRENNPUNKT DRESDEN HBF

Der Vorplatz des Hauptbahnhofs wird zunehmend zur No-go-Area. Gewalttaten häufen sich. Einen Tag vor Silvester kam es zu einem „besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs“, so die Polizeidirektion Dresden. 15 junge Personen, „arabisches Aussehen“, griffen sechs jugendliche Deutsche an. Was sieht der Anfang Dezember vorgestellte Maßnahmenkatalog für die Sicherheit des Orts vor?

NASSERS DREI KREISE

Vor 100 Jahren kam der ägyptische Revolutionsführer und Präsident Gamal Abdel Nasser zur Welt. Nicht nur in Ägypten ist er Symbolfigur für eine arabische Nation ohne (religiöse) Selbstzerfleischung geblieben, die heute so weit entfernt scheint. Was waren Nassers Ziele?

„REGIMEWECHSEL“ IM IRAN?

Der sehnliche Wunsch des iranischen Volkes nach wirtschaftlichen und sozialen Verbesserungen soll instrumentalisiert werden. Washington hat genaue Vorstellungen; um Freiheit und Demokratie geht es dabei nicht.

MERKELS „REGENBOGENPOLITIK“

Rechts von der CDU – stehen ihre eigenen Mitglieder. Das geht aus einer entsprechenden Befragung der Konrad-Adenauer-Stiftung hervor. Die Parteivorsitzende aber setzt auf „Mainstream“ und betreibt das keineswegs grüne Geschäft der „Grünen“. Damit hat sie den Bogen überspannt.

BESSERE LUFT IN DEUTSCHEN STÄDTEN?

Die Energiewende kann gelingen. Doch dabei müssen viele Herausforderungen gemeistert und Hindernisse überwunden werden. Und die Politik darf die Verbraucher nicht im Stich lassen.

ALLES HALB SO SCHLIMM?

Die vergangene Silvesternacht ist laut tonangebenden Medien friedlich verlaufen. Sexuelle Übergriffe, linksextreme Gewalt oder Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Notärzte werden in diesen Berichten allerdings ignoriert oder verharmlost.

DAS GROSSE ARTENSTERBEN

Nach der am 27. Dezember 2017 veröffentlichten Roten Liste des WWF, der größten internationalen Natur- und Umweltschutzorganisation, hat die Zahl der bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen neuen Höchststand erreicht. Dazu der Kommentar „Quer gedacht“.

ADLER IM HÖHENRAUSCH

Auch wenn Skispringer Richard Freitag einen möglichen Sieg bei der Vierschanzentournee aus der Hand geben musste, symbolisiert gerade er die bemerkenswert gute Verfassung der bundesdeutschen Athleten vor den Olympischen Winterspielen im Februar.

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