Nr. 51 vom 16.12.2016

Nr. 51 vom 16.12.2016

Standpunkt

Zum Manipulationsvorwurf gegen den Kreml

Die Aufregung um die Annahmen, wonach Russland mit Hacking-Attacken in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingegriffen habe, um Trump zum Sieg zu verhelfen, entbehrt nicht der Komik. Denn eine ganze Reihe von staatlichen und halbstaatlichen Organisationen in den USA tut seit Jahrzehnten nichts anderes, als sich in die innenpolitischen Auseinandersetzungen anderer Staaten einzumischen, Wahlen zu beeinflussen und sogar (Farben-)Revolutionen auszulösen.

Da ist zum Beispiel das „National Endowment for Democracy“ (NED): Diese 1983 vom amerikanischen Kongress geschaffene und aus dem US-Bundeshaushalt finanzierte Stiftung und Denkfabrik soll weltweit offiziell die „liberale Demokratie“ fördern, fungiert aber in Wahrheit als ein Arm der Außenpolitik Washingtons und reicht dazu auch Geld an Organisationen in den von der Einflussnahme betroffenen Staaten, unter anderem in Osteuropa und Lateinamerika, weiter. Besonders die Ukraine steht im Zentrum des Interesses des NED.

Oder die beiden ebenfalls 1983 aus der Taufe gehobenen, den großen Parteien nahestehenden und direkt sowie indirekt über das NED vom Staat finanzierten Stiftungen: Das International Republican Institute (IRI) ist nach eigenen Angaben dazu bestimmt, „weltweit Freiheit und Demokratie voranzutreiben“ – eingestandenermaßen auch durch die Unterstützung politischer Parteien und Kandidaten. Das „National Democratic Institute for International Affairs“ (NDI) verfolgt ebenfalls keineswegs einen neutralen Ansatz, wenn es darum geht, „weltweit demokratische Institutionen zu unterstützen und zu stärken“.

Schließlich sind auch die sich nun empört gebenden US-Geheimdienste nicht für Zurückhaltung bekannt, wenn es um die Innenpolitik anderer Staaten geht. Gegen die von der CIA organisierten Putsche oder das Überwachungssystem der NSA wirken die lediglich unter Vorbehalten – „hohe Wahrscheinlichkeit“ etc. – geäußerten Vorwürfe, wonach Hacker „mit Verbindungen zum Kreml“ im Vorwahlkampf die Computersysteme sowohl des demokratischen als auch des republikanischen Nationalkomitees geknackt, aber nur E-Mails der demokratischen Organisation an WikiLeaks zur Veröffentlichung gegeben haben sollen, vergleichsweise harmlos. Zumal die rund 20.000 im Juli 2016 bekanntgemachten E-Mails der demokratischen Parteiorganisation auch nicht „postfaktisch“ oder fabriziert sind, sondern echt – und die Tatsache deutlich machten, wie wenig neutral das Nationalkomitee der Demokraten der Kampagne von Hillary Clintons gefährlichstem Kontrahenten bei den Vorwahlen, Bernie Sanders, gegenüberstand.

Dass nun der Vorwurf in den Raum gestellt wird, Trump sei sozusagen Wahlsieger von Putins Gnaden, dürfte auf die Bestrebungen zurückzuführen sein, dem künftigen Präsidenten Trump Spielräume zu nehmen, die es ihm ermöglichen, den gefährlichen Konflikt mit Russland beizulegen.

Jürgen Schwaiger

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 16. Dezember 2016

NOCH MEHR EINZELFÄLLE

In zeitlicher Nähe zur Festnahme des nach eigenen Angaben 17-jährigen Afghanen, der die Medizinstudentin Maria in Freiburg vergewaltigt und getötet haben soll, beanspruchen weitere furchtbare Fälle die öffentliche Aufmerksamkeit. Ein Blick in Polizeiberichte verdeutlicht, wie sich Deutschland verändert.

UNBARMHERZIG MIT UNLIEBSAMEN MEINUNGEN

Kirche und Meinungsfreiheit: Soll an dem sächsischen Pfarrer Thomas Wawerka ein Exempel statuiert werden? Er hatte sich in verschiedenen Internetforen an Diskussionen beteiligt und dabei seine Meinung vertreten. Offenbar ist ihm das nicht gut bekommen. Denn nun ist er arbeitslos.

ENDLICH FRIEDE IN SYRIEN?

Seit Jahren erklärten Beobachter des syrischen Kriegsschauplatzes, dass in Aleppo die militärische Entscheidung des Konflikts falle. Jetzt keimen Hoffnungen, dass endlich Friede in dem Land einkehren könnte. Doch dazu bedarf es vor allem einer russisch-amerikanischen Annäherung.

ABSCHIED VOM TECHNIKSTANDORT

Laut aktueller PISA-Studie interessiert sich sowohl in Österreich als auch in der Bundesrepublik nur eine Minderheit der 15-Jährigen für einen naturwissenschaftlichen Beruf. Was das bedeutet und welche Erkenntnisse die Erhebung darüber hinaus bringt.

GEWOLLTE MASSENMIGRATION

Die veröffentlichte Meinung gibt sich der Hoffnung hin, dass mit Verteilung und Unterbringung der seit Herbst 2015 eingetroffenen Migranten die „Flüchtlingskrise“ bewältigt wäre. Ein Trugschluss. In „Die geheime Migrationsagenda“ stellt Friederike Beck dar, dass und warum die EU ihres Erachtens keine Lösung anstrebt.

ZANKAPFEL ATOMAUSSTIEG

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat über die Verfassungsbeschwerden der Energiekonzerne Eon, RWE und Vattenfall gegen die Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kernenergie ein durchaus salomonisches Urteil gefällt. Was es bedeutet und welche Konsequenzen es hat.

KRITIK AN MAAS-HELFERIN

Anetta Kahane, eine Vertrauensperson von Bundesjustizminister Heiko Maas, fungiert mit ihrer Amadeu Antonio Stiftung als eine Art Meinungspolizei in der Bundesrepublik Deutschland. Dabei geht Kahane allerdings recht einseitig vor, wie jetzt auch der „Jungen Union“ auffiel.

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