Nr. 37 vom 9.9.2016

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Standpunkt

Sonderbarer Beifall für
antidemokratische Botschaften

Nicht nur der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist begeistert: „Berliner Clubs plakatieren gegen AfD – Du kommst hier nicht rein!“ Auf dem Aushang des Clubs „Void“ – zu deutsch: Leere – in Berlin-Lichtenberg zum Beispiel heißt es, Kommafehler inklusive: „Auch des Volkes Dummheit, wurde im Namen des Volkes verkündet. Wähle nicht AfD.“ Selbst solche klar antidemokratischen Botschaften rufen vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl statt medialer Kritik also etablierten Beifall hervor.

Die beteiligten Clubs würden, lobt der öffentlich-rechtliche RBB, auch dem Vorurteil „energisch entgegenwirken“, Feiern sei eher unpolitisch. Das Online-Magazin jetzt.de, zur „Süddeutschen Zeitung“ gehörig, meint: „Berlins Clubs gegen die AfD. Mit einer Plakat-Aktion zeigen das Goldengate und einige andere Läden Haltung“. Unter dem Stichwort „Gerechtigkeit“ schrieb bento.de, ein Format von „Spiegel Online“, das sich an 18- bis 30-Jährige richtet: „Clubs starten Plakataktion gegen die AfD und Hass“.

Die Parolen mögen platt sein und die Selbstüberschätzung des Initiators Jens Schwan („Berlins wichtigstes Aushängeschild, die Berliner Clubkultur“), der sonst mit seinem „Zug der Liebe“ für „Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und Toleranz“ wirbt, nun aber auf Ausgrenzung setzt, nicht zu übersehen: Für die Kampagne, die sich nicht nur gegen die AfD, sondern gegen all jene richtet, die von ihrem demokratischen Recht Gebrauch machen und dieser Partei ihre Stimmen geben, ist beides kein Thema.

Die Entgleisungen haben offenbar das Ziel, die Grenze der gesellschaftlichen Isolation zu markieren. Vor deren Überschreiten sollen die Unentschlossenen zurückschrecken. Die Achillesferse dieser Drohgebärde: Weder der RBB noch „Spiegel Online“ noch ein Berliner Clubbesitzer können in der Wahlkabine Mäuschen spielen.

Melanie Alba

Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 9. September 2016

RATLOS IN SCHWERIN

Die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern war ein Lehrstück in Demokratie, die Herrschaft nur auf Zeit vermittelt und für neue Kräfte offen sein muss. Doch anstatt sich über die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung zu freuen, meinte Ministerpräsident Sellering, „dass 20 Prozent sozusagen verloren sind“. Mit welchem Recht?

VERSPRECHEN UND SKANDALE

Italien hatte seit 1908 fast 150.000 Tote infolge von Erdbeben zu beklagen, immer wieder versprach die Regierung mehr Schutz der Bevölkerung. Doch statt einer ernsthaften Politik des erdbebensicheren Bauens sorgten nach den Katastrophen immer wieder Steuergeldverschwendung und Korruption für Aufsehen. Ein Bericht von Dott. Angelo Fedeli.

„DUMMPHONE“

Das „Smartphone“ ist längst digitale Allzweckwaffe und soll auch in der Schule in wachsendem Maße zum Einsatz kommen. Dabei warnen Neurowissenschaftler und Bildungsexperten vor Risiken und Nebenwirkungen des ausufernden Smartphonegebrauchs, gerade bei Kindern. Das Suchtpotenzial darf genauso wenig unterschätzt werden wie die Folgen für die Gehirnentwicklung der Jüngsten. Wie also umgehen mit der digitalen Revolution?

WAHLMANÖVER MIT TTIP

Frankreich will die TTIP-Verhandlungen nicht mehr unterstützen. Der Paukenschlag aus Paris war noch nicht verklungen, da erklärte SPD-Chef Gabriel TTIP, „das zentrale Projekt der Kanzlerin“, als „de facto gescheitert“. Gabriels Glaubwürdigkeit allerdings leidet darunter, dass er das Freihandelsabkommen CETA zwischen EU und Kanada weiterhin befürwortet – und bei TTIP allzu offensichtlich in den Wahlkampfmodus geschaltet hat.

RISIKOFAKTOR DEUTSCHE BANK?

Die einstige Ikone der deutschen Wirtschaft ächzt unter den Auswirkungen der Internationalisierung, denn die Altlasten, die der Deutschen Bank zu schaffen machen, stammen fast ausschließlich von ihren Auslandstöchtern. Aus Sicht des Internationalen Währungsfonds ist das Kreditinstitut mittlerweile ein Risiko für das globale Finanzsystem.

MAX PECHSTEIN IN DER SÜDSEE

Um allem „Gezwungenen und Kultivierten“ zu entfliehen und seinen künstlerischen Blick zu schärfen, reiste der Expressionist Max Pechstein gemeinsam mit seiner Frau Lotte 1914 nach Palau, seit 1899 Teil Deutsch-Neuguineas und damit der Überseegebiete des Deutschen Reichs. Ein Leben lang zehrte der Maler von den exotischen Eindrücken in der Südsee. Mit der Ausstellung „Der Traum vom Paradies“ zeigen die Kunstsammlungen Zwickau nun Pechsteins Werke.

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