Nr. 18 vom 28.4.2017
Standpunkt
Zweierlei Standards?
Vor ein paar Jahren noch hätten Sigmar Gabriels politische Signale, die zu der Ausladung durch den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu führten, uneingeschränkte Zustimmung verdient. Er machte damit nämlich vor allem seine kritische Sicht der Siedlungspolitik deutlich. Etwa indem er sich vom Skopus-Berg aus einen Überblick über Baupläne der israelischen Regierung in der Nähe von Ostjerusalem verschaffte.
Aber vor dem Hintergrund der Vorgänge der letzten zwei Jahre in Deutschland und dessen, was in den kommenden Jahren auf dem Programm zu stehen scheint (Stichwort: „Replacement Migration“), ist Gabriels Haltung nicht mehr so schlüssig. Denn wer andernorts Siedlungspolitik verurteilt, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn er selbst in Deutschland an einer Aufsiedlung mitwirkt. Und Baupläne der Regierung sind in diesem Zug ja auch hierzulande nicht unbekannt.
Wer die Sorge hat, dass der palästinensische Staat durch vollendete Siedlungstatsachen vereitelt wird, der sollte auch für die Überlegung empfänglich sein, dass der deutsche Nationalstaat von solchen Tatsachen ebenfalls nicht unabhängig ist.
Ebenso wenig überzeugt Merkels Rolle in der Angelegenheit. Durch ihren Regierungssprecher Seibert ließ sie erklären, „dass es möglich sein muss, in einem demokratischen Staat auch kritische Nichtregierungsorganisationen zu treffen, ohne dass das solche Folgen hat“. Wie wäre denn die Reaktion, wenn der russische Außenminister Lawrow darauf bestünde, vor einem Treffen mit der Kanzlerin Vertretern des „Merkel muss weg“-Spektrums zu begegnen? Ein neuer Aufschrei, schriller noch als bisher, wie Russland sich in die deutsche Politik einmische, wäre die Folge. Lawrow ist freilich zu vorsichtig, als dass er einen solchen Eklat riskierte – statt sich anschließend auf das Argument zurückzuziehen, um einen „umfassenden Eindruck“ von einem Land zu bekommen, müsse man auch mit Kritikern reden.
Das heißt nicht, dass Gabriels Haltung in Israel oder der Merkel-Seibert’sche Satz falsch wäre. Nur leider misst die Bundesregierung in Deutschland wohl mit anderen Maßstäben.
B. Schreiber
Einige der aktuellen Themen in der Ausgabe vom 28. April 2017
„ZIVILGESELLSCHAFT“ SCHAFFT SICH AB
52,7 Prozent mehr tatverdächtige Zuwanderer: Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 bestätigt, dass Jeder-kann-rein-Zuwanderung à la Merkel kein Schritt zu zunehmender Zivilisierung, friedlichem Dialog und konsensualer Konfliktlösung ist.
NACH VORNE
Die AfD hat auf ihrem Kölner Parteitag ihre Führungskrise überwunden und mit Alexander Gauland und Alice Weidel ein aus zwei recht unterschiedlichen, aber gleichermaßen kompetenten Persönlichkeiten bestehendes Spitzenteam aufgestellt, das keine Einladung zu einer Fernsehdiskussion scheuen muss.
GEFÄHRLICHE ESKALATION
Drohungen und Gegendrohungen. So lassen sich die gegenwärtigen Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea beschreiben. Wieso auch China zunehmend in den Konflikt einbezogen wird, beleuchtet Dr. Bernhard Tomaschitz.
FRANKREICH WÄHLT DEN WANDEL
Nach dem Scheitern der Kandidaten der Konservativen und Sozialisten heißt es nun in der Stichwahl: Marine Le Pen gegen Emmanuel Macron. Eine Bewertung der ersten Runde und die Aussichten am 7. Mai.
ERDRÜCKENDE ABGABEN
Die deutschen Steuerzahler wundern sich zunehmend darüber, dass der Staat zwar noch nie so viel Geld eingenommen hat wie derzeit und zudem wegen der extremen Niedrigzinsen viele Milliarden Euro einspart, die Bundesregierung aber zu keinen spürbaren Steuererleichterungen bereit ist.
BEDROHTE WISSENSCHAFT
Der „March for Science“, an dem sich am 22. April auch in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich Demonstranten beteiligten, ging an einer wesentlichen Gefahr für die Hochschullandschaft vorbei: Denk- und Sprechverboten an der Universität.
PLÖTZLICH VON DER BILDFLÄCHE
War die zeitweilige Facebook-Löschung Imad Karims ein Vorbote des neuen „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“? Was dem Journalisten und Filmemacher vorgeworfen wird.